Veranstaltung: | Digitaler Parteitag (LDK) |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesausschuss |
Beschlossen am: | 12.12.2020 |
Eingereicht: | 16.12.2020, 11:21 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Für eine geschlechtergerechte Darstellung von Weiblichkeit in den Medien
Beschlusstext
Unsere Gesellschaft besteht zu einem großen Teil aus Sprache, Bildern und
Symbolen und prägt diese gleichermaßen in einem Kreislauf. Dabei können neue
Bilder geschaffen werden aber auch alte manifestiert werden. Deshalb spielt die
Darstellung von Weiblichkeit in den Medien, egal ob digital oder analog, eine
große Rolle dabei, was Frauen gesellschaftlich zugestanden und zugetraut wird
und trägt somit bei Grenzen des Möglichen für Individuen zu setzen. Die
Medienwelt spiegelt nach wie vor ein sehr stark vom Patriarchat geprägtes
Rollenverständnis von Weiblichkeit wider. Dieses gilt es im Kampf für
Gleichstellung zu überwinden. Als GRÜNE müssen wir hier an vorderster Front
voran gehen, auf das Thema aufmerksam machen und aktiv gegensteuern.
Darstellung von Expert*innen in traditionellen Medien (Fernsehen und Print-
Medien)
In außergewöhnlichen Zeiten, wie die der Corona Pandemie, haben Expert*innen
Meinungen Hochkonjunktur. Und obwohl alle Geschlechter von der Pandemie
betroffen waren und sind, waren Frauen im Fernsehen mit nur 22% deutlich
unterrepräsentiert. Besonders im medizinischen Bereich ist dies auffällig, da
Frauen mit 47% knapp die Hälfte der Mediziner*innen stellen und auch im Bereich
Virologie und Epidemiologie mit 45% gut repräsentiert sind, aber nur in 17% der
Fälle als Expertinnen vorkamen. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Pflege, in
der Frauen auch nur in 17% der Fälle als Expertinnen befragt wurden. Die
Abwesenheit von weiblichen Stimmen nimmt Einfluss auf den Verlauf des
öffentlichen Diskurses und bestimmt dessen Richtung. Für eine
geschlechtergerechte Welt ist es daher essenziell, dass weibliche Expertinnen
gleichermaßen gehört werden und somit eine vielseitigere Debatte entstehen kann.
Forderungen:
- „Female First“ Prinzip: Redaktionen von öffentlich-rechtlichen Sendern
müssen durch Rundfunk und Fernseh-Räte dazu angehalten werden, immer
zuerst Expertinnen anzufragen.
- Globale Expertinnen anfordern: Sollten keine weiblichen Expertinnen im
Inland oder deutschsprachigem Raum verfügbar sein, sollte die Suche auf
internationale Expertinnen erweitert werden. Dies erweitert nicht nur den
Pool an Expertinnen erheblich, sondern fördert zudem einen breiteren Blick
auf Themen mit internationaler Perspektive.
- “Virtuelle Präsenz ist gleichwertig” Prinzip: Corona hat uns gezeigt, dass
zugeschaltete Gäste an der Debatte teilhaben können.
Darstellung von Frauen in Film und Fernsehen
Unterhaltungsmedien prägen unsere Vorstellung von Rollenbildern stark und
dennoch sind weibliche Rollen noch immer erheblich unterrepräsentiert oder
einseitig. Über alle Fernsehprogramme hinweg kommen auf eine Frau zwei Männer
und wenn sie gezeigt werden, dann mehr als doppelt so häufig im Kontext von
Beziehungen und Partnerschaft. Zudem nimmt die Darstellung mit dem Alter
sukzessiv ab: Sind unter den 20 bis 30-Jährigen, Frauen und Männer noch
gleichermaßen vertreten, verringert sich dies erst auf eins zu zwei und dann
sogar ab 50 Jahren auf eins zu drei. In Kinderprogrammen ist ein ähnliches und
teils noch gravierenderes Bild zu beobachten. Zum Beispiel wächst der
Unterschied in der fiktionalen Fantasiewelt von Tierfiguren sogar auf eins zu
neun an.
Forderungen
- Fördertöpfe anpassen: Viele Produktionen werden staatlich gefördert und
können somit steuernden gleichstellungspolitischen Kriterien unterworfen
werden. Wir streben an, bei der Vergabe von Mitteln ein Gender Budgeting
einzuführen.
- Diversitätskriterien bei Preisverleihungen: Preise, die von öffentlichen
Institutionen vergeben werden, sollten an die Erfüllung von
Diversitätskriterien gebunden werden. Preisverleihungsgremien sollten
streng quotiert werden.
- Selbstverpflichtungen: Private Produktionsfirmen sollten dazu angehalten
werden, eine Selbstverpflichtung zur Förderung von Vielfalt in ihren
Produktionen zu erfüllen.
Darstellung von Frauen in der Werbung
Werbung zielt direkt darauf ab unser Konsumverhalten zu manipulieren. Dies
geschieht indem Bedürfnisse geweckt werden. Wenn Frauen in der Werbung
sexualisiert dargestellt werden, geht es nicht nur darum alte Rollenbilder zu
verfestigen, sondern auch um neue davon abgeleitete Bedürfnisse für die Zukunft.
Deshalb ist es essenziell, dass in dieser Branche darauf geachtet wird, eine
gleichgestellte und diverse Gesellschaft abzubilden. Junge Frauen benötigen
vielfältig Rollenbilder, die als Vorbildfunktion nicht nur in Filmen und Serien
oder als Expertinnen auftreten, sondern auch in der Produktwerbung für Marken
werben. Durch die Aktion Werbemelder*innen aus 2018 von Pink Stinks wurde dieses
Thema in Deutschland öffentlicher und die Agenturen traten in den Dialog. Darauf
Bezug nehmend wurde in 2020 von der Agentur Scholz & Friends eine Abteilung für
Inklusion, Diversität und Gleichstellung aufgebaut, die einen Aktionsplan
verfasste, um die Gleichstellung bis 2022 voranzutreiben. Diese Entwicklungen
müssen wir als GRÜNE unterstützen und fördern.
Forderung:
- Nationales Gütesiegel für Sexismus-freie, diverse und inklusive
Kommunikation entwickeln und somit der Agenturwelt eine Zertifizierung
anbieten.
- Die Zusammensetzung des Werberats muss Diversitätskriterien erfüllen
Darstellung von Frauen in digitalen und KI basierten Medien
Unsere Welt wird immer stärker von künstlicher Intelligenz beeinflusst und
greift somit in alle Bereiche unseres Lebens ein. Auch digitale Medien sind
stark von den Ihnen zugrundeliegenden Algorithmen beeinflusst und tragen einen
immer größer werdenden Teil zur Wahrnehmung der Frauen in der Gesellschaft bei.
Aktuell ist eine massive Verzerrung der weiblichen Lebenswirklichkeit von Frauen
in digitalen Räumen zu beobachten.
So verändert die Bildwelt z. B. auf Instagram die Selbstwahrnehmung junger
Frauen.
Sog. DeepFakes sind eine Algorithmen-basierte Form der Content Kreation, in der
Personen oder ihre Inhalte in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt werden.
Diese Technik trägt dazu bei, dass Inhalte von Frauen gefälscht werden oder,
dass sie als Sexobjekte missbraucht werden. Betroffene von DeepFakes und
digitaler Gewalt müssen - etwa bei der Durchsetzung ihrer Rechte - wirksam
unterstützt werden.
Die differenzierte Darstellung von Frauen wird von geschlechterblinden
Algorithmen aus den Medien verdrängt. Nachrichten und andere digitale Inhalte
werden von Bots und Systemen der künstlichen Intelligenz erstellt. Es müssen
Richtlinien für geschlechtergerechte Entwicklung von Anwendungen entwickelt und
Unternehmen zur diskriminierungsfreien Ausgestaltung von Algorithmen
verpflichtet werden, um damit der medialen Reproduktion von gesellschaftlichem
Bias entgegenzuwirken.
Forderung:
- Schutz vor Diskriminierung durch die Sicherstellung von gendersensiblen
Algorithmen, transparenten Codes und - wenn notwendig Anwendung
synthetischer/künstlich kreierter Datensätze, anhand derer die KI
trainiert wird. Siehe auch ähnliche Anträge.
- Verbandsklagerecht um Verbraucher*innen zu schützen.
- Verträge zwischen Influencer*innen und Unternehmen: Darauf hinwirken, dass
Verträge bestimmte Kriterien erfüllen müssen wie z.B. die Offenlegung von
Filtern
- Richtlinien für Redakteur*innen und Werbung bei der Übernahme von
automatisierten Inhalten, um das Risiko der Algorithmen-basierten
Reproduktion von Bias zu reduzieren.
- Förderung von Studien zu den Auswirkungen von Social Media auf unsere
Psyche und unser Gehirn
- Präventionsarbeit und Förderung der Medienkompetenz bei Erzieher*innen,
Lehrkräften und Eltern