Schon seit über zehn Jahren gibt es Bemühungen mit dem konkreten Ziel, den Schutz des Klimas als Staatsziel ausdrücklich in der Bayerischen Verfassung fest zu schreiben. So ergriff der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell die Initiative und gab mit anderen Aktiven als Vortandsmitglied des Vereins Klimaschutz Bayerns Zukunft e.V. eine Machbarkeitsstudie bei Prof. Dr. Wolfgang Kahl in Auftrag. Parlamentarisch wurde diese Initiative des Vereins zur Verankerung des Klimaschutzes in der Bayerischen Verfassung im Bayerischen Landtag von der Grünen-Landtagsfraktion (Gesetzesentwurf vom 4. Dezember 2007) und der Landtagsfraktion der Freien Wähler (Gesetzesentwürfe vom 26. November 2010 und vom 7. September 2017) unterstützt. Im Zentrum standen hierbei jeweils zwei Ergänzungen der Bayerischen Verfassung, den zur Aufnahme des Klimaschutzes in Artikel 141 Absatz 1 Satz 4 und einen zur Umstellung auf Erneuerbare Energien in Artikel 152.
Konkret wurden folgende Formulierungen vorgeschlagen:
- Artikel 141 Absatz 1 Satz 4 neue Fassung: „Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, - Boden, Wasser, [und] Luft und insbesondere Klima als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen und auf möglichst sparsamen Umgang mit Energie zu achten, [… ].
- Artikel 152 neue Fassung: „Die geordnete Herstellung und Verteilung der wirtschaftlichen Güter zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfs der Bevölkerung wird vom Staat überwacht. Ihm obliegt die Sicherstellung der Energieversorgung des Landes, die auf Erneuerbare Energien umzustellen ist.“
Vergleichbare Initiativen haben vor zwei Jahren auch die Grünen-Bundestagsfraktion (in ihrer Weimarer Erklärung vom 8. Januar 2016) und der Grünen-Bundesvorstand (in seiner Berliner Erklärung vom 20. Januar 2016) zur Aufnahme des Klimaschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz ergriffen.
Nun haben wir es auf Bundesebene erneut mit einer Großen Koalition zu tun, die sogar die Mindest-Klimaschutzziele für das Jahr 2020 als nicht mehr erreichbar erklärt und ihre diesbezüglichen Anstrengungen, gerade auch zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, längst zurück gefahren hat. - Ebenso deutlich wird auch die Bayerische Staatsregierung ihre Klimaschutz- und Energiewendeziele verfehlen. Umso dringlicher ist jetzt ein deutliches Zeichen der Bayerischen Bevölkerung, dass sie nicht länger bereit ist, dieses politische Versagen der Regierenden hin zu nehmen.
Die ausdrückliche Aufnahme des Klimaschutzes und der Umstellung auf Erneuerbare Energien in die Bayerische Verfassung würde Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts binden und verpflichten. „Durch die neue Formulierung des Art. 141 Abs. 1 S. 4 BV wird eine als Prinzip (Optimierungsgebot) ausgestaltete Rechtspflicht der öffentlichen Hand begründet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das Klima schädigende Emissionen in allen Lebensbereichen zu vermeiden und hierdurch das Klima als natürliche Lebensgrundlage zu schützen. […] Durch den Umstellungsauftrag des Art. 152 S. 2 BV n. F. [neue Fassung] wird die öffentliche Hand verpflichtet, im Rahmen des wissenschaftlich-technisch Möglichen und volkswirtschaftlich Vertretbaren alles zu tun, um eine möglichst vollständige und sichere Versorgung des Landes aus Erneuerbaren Energien zu gewährleisten bzw. – anders gewendet – alles zu unterlassen, was dieses Ziel offensichtlich gefährdet.“ (Prof. Dr. Wolfgang Kahl - Universität Bayreuth [heute Heidelberg] - Machbarkeitsstudie vom 1. September 2008).
Die Meinung vieler Juristen hierzu ist eindeutig: Wenn der Klimaschutz in der Verfassung steht, dann wird dies auch entsprechende Bindungswirkung für Klimaschutzaktivitäten entfalten, ganz anders als heute, wo zwar alle in der Politik von der Notwendigkeit des Klimaschutzes reden, von CDU/CSU, SPD, FDP und der LINKEN aber dort nicht verwirklicht wird, wo sie, ohne uns Grüne, Verantwortung tragen.
Mit einer Aufnahme dieser Anliegen in den Projekt-Teil des Landtagswahlprogramms fordern die Bayerischen Grünen die Aufnahme von Klimaschutz und Erneuerbaren Energien in die Bayerische Verfassung ein und erklären sich grundsätzlich zur Unterstützung eines Volksbegehrens in Bayern bereit. Denn die Bayerische Bevölkerung muss die Möglichkeit erhalten, den Klimaschutz politisch wieder dort hin zu setzen, wo er hin gehört: ganz oben auf die politische Agenda des Freistaats.