Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz |
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Antragsteller*in: | Martin Knobel (Kreisverband Rosenheim) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 01.01.2019, 21:58 |
A4: Von der Straße auf die Schiene - Effiziente Verlagerung des alpenquerenden Güterschwerverkehrs durch eine Alpentransitbörse
Antragstext
Der bayerische Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für die
Einführung einer Alpentransitbörse im gesamten Alpenraum als Instrument zur
Deckelung des alpenquerenden Güterverkehrs ein. Der Landesverband unterstützt
das weitere Vorgehen der Antragsteller auf Bundesebene mit dem Ziel, dass der
Bundesverband in Kooperation mit den grünen Gliederungen der Alpenländer sowie
den europäischen Grünen die Implementierung auf allen relevanten Ebenen
vorantreibt.
Begründung
Die Alpentransitbörse ist ein realisierbares, effizientes und effektives Instrument der Verkehrspolitik. Als marktwirtschaftliches Instrument setzt sie Anreize zur optimalen Nutzung der Infrastrukturen, generiert wertvolle Informationen und sorgt dafür, dass die angestrebten Ziele kostengünstig erreicht werden. Das Grundmodell „Cap-and-Trade“ ist geeignet, das Verlagerungsziel auf effiziente und nicht diskriminierende Weise zu erreichen. Es führt zu einer Verteuerung der Strassentransporte und damit zu einer Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Das Ausmaß dieser Effekte hängt von den gewählten Mengenzielen und den flankierenden Maßnahmen ab. Die Politik hat diese auf ein ökologisch verträgliches Maß festzulegen.
Für jede Alpenquerung mit dem LKW wird ein Durchfahrtsrecht benötigt, wobei die Anzahl der Berechtigungen pro Jahr limitiert ist (Plafonierung). Dieser Plafond kann schrittweise vom heutigen auf das angestrebte Niveau gesenkt werden. Alle Lkws mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen brauchen für die Fahrt durch die Alpen ein Alpentransitrecht. Die Berechtigungen sind für einen bestimmten Zeitabschnitt gültig und werden erstmals einige Monate im Voraus und an mehreren späteren Zeitpunkten versteigert.
Die Auktion stellt die effizienteste Form der Anfangszuteilung dar. Grundsätzlich wird ein Verfahren benötigt, mit welchem der Entscheid über die Zuteilung der Durchfahrtsrechte in einem einzigen Schritt gefällt werden kann. Es kommt somit nur eine verdeckte (geheime) Auktion in Frage: Die Bieter müssen vor einem festgelegten Zeitpunkt ihre Zahlungsbereitschaft (für eine bestimmte Anzahl Durchfahrtsrechte) verdeckt bekannt geben. Nach der Zuteilung können die Durchfahrtsrechte frei gehandelt werden. Der Preis wird somit bei der Erstemission wie auch beim nachfolgenden Handel durch die Nachfrage bestimmt.
Der Handel nach der Anfangszuteilung, der sogenannte Sekundärmarkt, stellt sicher, dass die anfängliche Verteilung weiter optimiert und letztlich die „wertvollsten“ Transporte durchgeführt werden. Wenn ein Transporteur z.B. bei der Auktion keine oder zu wenige Durchfahrtsrechte erworben hat, kann er diese später auf dem Sekundärmarkt beschaffen. Der Handel findet online auf einer Internet-Plattform statt. Dabei handelt es sich um eine einfache Lösung aus einer Hand: Auktion und Handel können auf der selben Plattform betrieben werden. Die Verknüpfung von Handel und Register ist einfach möglich, eine Meldepflicht für Transaktionen ist nicht nötig.
Hintergrund:
Bereits in den 1990er Jahren haben sich die Alpenanrainerstaaten gemeinsam mit der Europäischen Union in der Alpenkonvention zur nachhaltigen Entwicklung der Alpen verpflichtet. Die geografischen und topografischen Verhältnisse verstärken die Schadstoff- und Lärmbelastung in diesem besonders empfindliche Ökosystem mit seinen einzigartigen Naturressourcen. Als Natur-, Kultur-, Lebens- und Wirtschaftsraum für fast 14 Millionen Menschen und attraktives Tourismusziel für jährlich etwa 120 Millionen Gäste, bedürfen die Alpen eines umfassenden Schutzes.
Das Durchführungsprotokoll zum Thema Verkehr des völkerrechtlichen Vertrags konkretisiert das Vorhaben hinsichtlich der verkehrspolitischen Ausgestaltung. Demnach verpflichten sich die Vertragsparteien „[...] zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik, die Belastungen und Risiken im Bereich des inneralpinen und alpenquerenden Verkehrs auf ein Maß senkt, das für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie deren Lebensräume erträglich ist, unter anderem durch eine verstärkte Verlagerung des Verkehrs, insbesondere des Güterverkehrs, auf die Schiene, vor allem durch Schaffung geeigneter Infrastrukturen und marktkonformer Anreize […].“
Dieser Verpflichtung sind die meisten Alpenländer, allen voran Deutschland, bisher nicht nachgekommen. Vor allem das Inntal als Zulaufstrecke für den Alpenübergang am Brennerpass ächzt unter dem stetig steigenden Verkehrsaufkommen auf der A93. Menschen und Natur leiden unter Lärmbelastung und Luftverschmutzung.
Der Güterverkehr hat daran einen signifikanten Anteil. Beispielsweise lag im Jahr 2015 die durchschnittliche Verkehrsstärke allein zwischen den Anschlussstellen Oberaudorf und Kiefersfelden bei 7988 Schwerverkehrstransporten täglich. 42,6 Millionen Tonnen an Gütern wurden im gleichen Jahr über den Brenner transportiert – womit dieser Spitzenreiter ist, gefolgt vom Schweizer Gotthardpass mit 25 Millionen Tonnen. Rund 2,25 Millionen Lastwagen hatten nach Angaben der österreichischen Autobahngesellschaft Asfinag 2017 die Mautstelle Schönberg an der Brenner-Autobahn passiert – acht Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anteil der Straßentransporte über den Brenner lag dabei bei 65 Prozent, der der Schienentransporte dementsprechend bei gerade einmal 35 Prozent.Laut Südtiroler Quellen liegt der aktuelle Modal Split, also das Verhältnis zwischen Güterverkehr auf der Straße und Güterverkehr auf der Schiene, sogar bei 71 zu 29 Prozent.
Die Straße ist somit nach wie vor der beliebtere, weil kostengünstigere Transportweg über die Alpen. Die Bahnstrecken sind hingegen weitestgehend nicht ausgelastet. Eine kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion an die Bundesregierung (Drucksache 19/5160) ergab beispielsweise, dass die zweigleisige Bestandsstrecke durch das Inntal bis 2030 nur zu 70 Prozent ausgelastet sein wird. Die Bundesregierung erachtet es jedoch nicht als notwendig, politische Instrumente zur Verkehrsverlagerung zu implementieren.
Um eine Verlagerung der Gütertransporte von der Straße auf die Schiene zu erwirken, reicht es nicht aus, allein die Schieneninfrastruktur auszubauen. Die wichtigeBedeutung der Nutzerfinanzierung im Eisenbahnbereich verhindert letztlich eine nennenswerte Verlagerung. Die hohen Projektkosten werden über die Trassengebühren an die Nutzer umgelegt. Bedenkt man, dass das gesamte Schienennetz in Deutschland bemautet ist, hingegen aber nur wenige Prozent der Straßen, so ist es augenscheinlich, dass der Transport über Asphalt weiterhin wirtschaftlicherund daher attraktiver ist. Auch die schrittweise Absenkung der Trassengebühren und eine geplante, aber marginale Anhebung der LKW-Maut, wird daran nichts ändern.
Während Deutschland den Verpflichtungen der Alpenkonvention nicht nachkommt, schafft Österreich durch regelmäßige Blockabfertigung auf der A93 Tatsachen, durch die das österreichische Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L) eingehalten werden soll. Dieses dienst dem dauerhaften Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt durch die vorsorgliche Verringerung der Immissionen von Luftschadstoffen sowie der Bewahrung von guter beziehungsweise der Verbesserung der Luftqualität.
Unterstützer*innen
- Dieter Janecek
- Thomas von Sarnowski
- Judith Kley-Stephan
- Michael Günzl
- Karl-Heinz Brauner
- Günther Polz
- Steffi König
- Hubert Lingweiler
- Brunhilde Rothdauscher
- Martina Visser
- Ursula Zeitlmann
- Franz Lukas
- Klaus Spatzier
- Peter Weigel
- Judith Bogner
- Antonia Heil
- Verena Weindel
- Christine Annies
- Klaus Wimmer
- Franziska Knobel
- Bezirksvorstand Oberbayern
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