Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz | 19.-20. Oktober 2024 | Würzburg |
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Tagesordnungspunkt: | Fortsetzung TOP 7 Anträge |
Antragsteller*in: | Claudius Rafflenbeul-Schaub (KV Miesbach) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 20.09.2024, 11:36 |
A16: Alterssicherung nachhaltig, generationengerecht und armutssicher machen
Antragstext
„Kinder kriegen die Leute immer“, unter diesem Eindruck der Babyboomer und des
Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit ist das heutige, umlagefinanzierte
Rentensystem unter Kanzler Adenauer in seinen Grundzügen entworfen worden. Die
Annahmen von damals, Bevölkerungswachstum und Wirtschaftsboom, gelten schon
lange nicht mehr.
Bereits in den 2030er Jahren droht das bestehende Umlagesystem zu kollabieren.
In den vergangenen Jahren hat die relativ gute konjunkturelle Lage, die
Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit und die Migration die Rente stabilisiert.
Das heißt aber nicht, dass das System in Zukunft weiter stabil funktioniert.
Voraussichtlich gegen Ende dieses Jahrzehnts wird der Altersquotient 50 %
bereits übersteigen. Das heißt, dass weniger als zwei Menschen zwischen 20 und
65 Jahren auf eine Person über 65 Jahren kommen. Ab Mitte der 2030er Jahre wird
sich das Verhältnis voraussichtlich auf hohem Niveau und moderat steigend
stabilisieren.
Die wirtschaftliche Schwäche und die eher geringe Attraktivität Deutschlands für
ausländische Fachkräfte schwächen die Rente zusätzlich. Hinzu kommt ein Wandel
der Arbeitswelt, vorangetrieben durch neue Berufsbilder, Arbeitszeitreduzierung
und die Digitalisierung.
Der demografische Wandel und die Veränderung der Arbeitswelt machen eine andere
Rentenpolitik und einen neuen Generationenvertrag notwendig. Die
Alterssicherungsstrategie muss nachhaltiger aufgestellt werden, eine gerechte
Belastung aller Generationen gewährleisten und wirksam vor Altersarmut schützen.
Ganzheitlich absichern: Das Alterssicherungsniveau in den Fokus nehmen
Wer lange arbeitet, verdient einen Lebensabend bei gesichertem Lebensstandard.
Dazu tragen unterschiedliche Einkommensformen bei: Im Mittelpunkt stehen die
gesetzliche Rente für die meisten Arbeitnehmer*innen und Pensionsansprüche bei
bestimmten Berufsangehörigen und Beamten. Hinzu kommen die private und
betriebliche Altersvorsorge, Miet- und Kapitalerträge und zusätzliche
Erwerbseinkommen durch Arbeit über das Renteneintrittsalter hinaus. Auch
mietfreies Wohnen in selbstgenutzten Immobilien sichert im Alter ab.
Altersvorsorge war schon immer durch Diversifizierung geprägt, deswegen wird es
Zeit, dass auch die Politik alle Alterseinkommen in den Blick nimmt.
Der einseitige Fokus auf die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) verengt die
politische Debatte, spiegelt die Realität von Rentner*innen und Pensionär*innen
nicht wider und überlastet die GRV. Wer etwa nur wenige Jahre gearbeitet hat und
danach von einer Erbschaft oder Kapitalrenditen leben kann, ist nicht unbedingt
altersarm, auch wenn die Rente niedrig ist. Und wer von einer niedrigen Rente
noch eine Miete zu stemmen hat, kann nicht auf demselben Niveau leben wie
Eigenheimbesitzer*innen in abbezahlten Wohnungen oder Häusern.
Ein ganzheitlicher Blick auf das Alterssicherungsniveau (also die Summe aller
Alterseinkünfte) statt eine Verengung auf das Rentenniveau der GRV ermöglicht,
zielgerichtet gute Alterseinkommen zu gewährleisten und dabei auf einen
volkswirtschaftlich wirksamen Strauß an Maßnahmen zurückzugreifen.
Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit als Leitprinzipien
Für eine nachhaltige und generationengerechte Entwicklung ist es notwendig, alle
Potentiale zu nutzen, ohne einzelne Alters- oder Berufsgruppen zu überfordern.
Dazu muss das Ziel einer Stabilisierung der Rentenbeiträge bei gleichzeitiger
Begrenzung des Steuerzuschusses gleichberechtige Priorität neben der
Stabilisierung der Alterseinkommen bekommen. Eine solche Alterssicherungspolitik
nimmt die Interessen der Jungen, der Alten und die Leistungsfähigkeit des
Staates gleichzeitig in den Blick.
1. Säule: Gesetzliche Rentenversicherung
Lebenserwartung und Lebensarbeitszeit berücksichtigen
Der Renteneintritt muss dynamischer werden. Dafür werden manche auch länger
arbeiten müssen. Wer länger arbeiten kann und will, soll das in Zukunft leichter
und zu besseren Bedingungen können. Für den Erwerb voller Rentenansprüche soll
die Dauer der Erwerbsbiografie stärker als das Alter berücksichtigt werden. Der
aktuell fixe Renteneintritt benachteiligt vor allem Ausbildungsberufe, die in
der Regel früher in den Arbeitsmarkt eintreten und häufig mit größerer
physischer und psychischer Belastung einhergehen. Diese Benachteiligung gilt es
abzubauen. Die allgemeine steigende Lebenserwartung muss zusätzlich als
Demografie-Komponente wieder stärker in die Rentenberechnung einfließen.
Gleichzeitig sollten versicherungsfremde Leistungen wie die abschlagsfreie Rente
ab 45 Beitragsjahren („Rente mit 63“) schneller als bisher geplant abgeschmolzen
werden, um das Äquivalenzprinzip zu stärken.
Alterseinkommen für alle – Mindestsicherung gewährleisten
Wer lange gearbeitet hat, muss mehr bekommen. Darum ist eine Grundrente über dem
Grundsicherungsniveau unter der Berücksichtigung von Erwerbs- und Care-Arbeit
eine Frage der Gerechtigkeit. Das bisherige antragsfreie Verfahren sollte jedoch
durch eine Bedürftigkeitsprüfung ersetzt werden, um keine Sozialleistungen an
anderweitig Abgesicherte auszuzahlen. Wenn das Vermögen und sonstigen Einkünfte
ausreichen, braucht es keine Grundrente. Zusätzlich kann eine Umverteilung von
Rentenpunkten wie vom Sachverständigenrat Wirtschaft vorgeschlagen den sozialen
Ausgleich stärken.
Außerdem müssen die Zuverdienst-Möglichkeiten für Rentner*innen vereinfacht,
attraktiver gemacht und erweitert werden. Dazu zählt auch eine Stärkung der
Altersteilzeit.
Die gesetzliche Rente auf eine breitere Basis stellen
Die historisch bedingte Zerklüftung der ersten Säule der Altersvorsorge in die
gesetzliche Rentenversicherung und die berufsständischen und beamtenrechtlichen
Pensionskassen für meist Besserverdienende schwächt die Alterssicherung. Es
müssen darum Synergieeffekte und möglicherweise eine Integration geprüft werden.
Gerade auch durch die kapitalgedeckten Ansprüche der Versorgungskassen kann eine
Stabilisierung erfolgen, die allen zugutekommt. Der Bestand bestehender
Ansprüche muss dabei gewährleistet werden.
Gleichzeitig muss das Versicherungsprinzip langfristig gestärkt und die GRV so
attraktiv aufgestellt werden, dass auch Selbständige und Unternehmer*innen
verstärkt freiwillig einzahlen.
Den Kapitalmarkt stärker nutzen
Das Generationenkapital ist der Einstieg in eine notwendige, verstärkte
Kapitaldeckung der Rente. Die bisher von der Ampel-Bundregierung geplanten
Einlagen sind jedoch nicht ausreichend, um die notwendigen Erträge zu erzielen.
Darum muss der Kapitalstock deutlich erhöht werden. Durch die Integration von
Teilen der Staatsbeteiligungen und Investitionen in transformationsfreundliche
Fonds kann zudem eine Diversifizierung stattfinden, die die Risiken für den Bund
reduziert und die Erträge erhöht. Die Anlagestrategie darf kein Zocken sein,
sondern der Kapitalmarkt muss zusätzliche Sicherheit gegenüber den
Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt, bezüglich Lohnentwicklung und
Arbeitslosigkeit, bieten. Die Anlagestrategie muss zudem grundsätzlich am 1,5-
Grad-Klimaziel ausgerichtet sein. Langfristig soll das Generationenkapital zu
einem staatlichen Pensionsfond, nach dem Vorbild skandinavischer Länder,
weiterentwickelt werden.
2. Säule: Betriebliche Altersvorsorge
Volles Potential der Arbeitgeber nutzen
Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) stabilisiert die Alterseinkommen und macht
den Standort Deutschland für Arbeitnehmer*innen langfristig attraktiv. Sie soll
stärker gefördert werden. Zusätzlich sollen Arbeitgeber ab einer zu bestimmenden
Größe verpflichtet werden, diese ihren Beschäftigten anzubieten und damit auch
einen einfachen Wechsel zwischen Arbeitgebern zu ermöglichen. Alle
Arbeitnehmer*innen – auch in geringfügiger oder Teilzeitbeschäftigung – sollen
Anspruch auf eine Mindesthöhe an vermögenswirksamen Leistungen erhalten.
3. Säule: Private Altersvorsorge
Individuelle Vorsorge stärken
Die private Altersvorsorge (pAV) soll künftig einen stärkeren Beitrag zur
individuellen Alterssicherung leisten. Dafür müssen die Bedingungen reformiert
und zusätzliche, individuelle Sparpläne im Rahmen des Generationenkapitals
ermöglicht werden. Auf freiwilliger Basis soll auch die Überführung der Riester-
Renten in die „Deutschland-Rente“ ermöglicht werden, die stärker die Potentiale
der Kapitalmärkte nutzen kann. Zudem sollen Freibeträge für Kleinsparer erhöht
werden und dynamisch an die Inflation angepasst werden.
Selbstbestimmung durch Bildung und Beratung stärken
Zusätzlich sollen die Wirtschafts- und Finanzbildung sowie die unabhängige
Anlageberatung in allen Altersgruppen gestärkt werden, damit alle Bürger*innen
eine selbstbestimmte Entscheidung über ihre Altersvorsorge treffen können.
Wir sollten die Debatte jetzt führen!
Die Lage ist ernst. Jeder weitere Aufschub, jedes weitere, ungedeckte
Versprechen wäre verantwortungslos. Jetzt ist es entscheidend, die Belastung für
die jüngeren Generationen zu begrenzen, die Alterseinkommen auf einem
ausreichenden, dynamischen Niveau zu stabilisieren und auch künftig resilient
gegen Veränderungen aufgestellt zu sein. Diese Neuaufstellung muss jetzt
eingeleitet werden.
Unterstützer*innen
- Ludwig Hartmann (KV München)
- Tom Aurnhammer (KV Nürnberg-Stadt)
- Constantin Jahn (KV Dillingen)
- Hannah Quaas (KV Schwandorf)
- Britta Jacob (KV Dachau)
- Lucas Pöllinger (KV Schwandorf)
- Doris Wagner (KV München)
- Alexander Rohde (KV Freyung-Grafenau)
- Jessica Hecht (KV Würzburg-Land)
- Dorothea Deutsch (KV Miesbach)
- Martin Wolf (KV Miesbach)
- Martin Züchner (OV Neuhausen-Nymphenburg)
- Lucas Brunkhorst (KV München)
- Ulrike Schweiger (KV Berchtesgadener Land)
- Miriam Bergmann (KV Aschaffenburg-Land)
- Dirk Simon (KV Aschaffenburg-Stadt)
- Michael Sasse (KV Rosenheim)
- Alexander König (KV München)
- Maria Krieger (KV Kelheim)
- Christian Hartranft (KV München)
- Albert Maier (KV München)
- Daniel Günthör (KV München)
- Karin Scherer (KV Erlangen-Land)
- Erich Hinderer (KV Main-Spessart)
- Wolfgang Rzehak (KV Miesbach)
- Gabriele Graswald-Vidovic (KV München)
- Katharina Wittig (KV München)