Ein neues Fach „Philosophie und Religionskunde“ zusätzlich einzuführen und zugleich das Fach Ethik angesichts einer stetig steigenden Nachfrage qualitativ aufwerten zu wollen, ist nicht vermittelbar. Nach Abschaffung der Bekenntnisschulen 1968 per Volksentscheid und Einführung der Christlichen Gemeinschaftsschule als Regelschule wurde das Fach Ethik 1972 als Ersatzfach eingerichtet. Damit sollte der stark wachsenden Zahl Schüler*innen, deren Eltern (oft Heimatvertriebene) keiner oder einer kleinen Religionsgemeinschaft angehören, Unterricht statt Freistunde geboten werden. Seitdem hat sich unsere Gesellschaft zunehmend pluralisiert und die beiden großen christlichen Kirchen haben viel von ihrer auf Mitgliedszahlen beruhenden Dominanz verloren. Das hatte beispielsweise zur Folge, dass 2022 in größeren Städten Bayerns meist mehr Schüler*innen das Fach Ethik als katholische oder evangelische Religionslehre besuchten.
Die seit Jahrzehnten kontinuierliche Zunahme konfessionsfreier Menschen, die sich in den letzten Jahren noch beschleunigt hat, erfordert eine in die Zukunft gerichtete Entscheidung. Deshalb bietet es sich an, das Fach Ethik zu einem Pflichtfach für alle Schüler*innen aufzuwerten. Auch wenn die aktuellen Ethik-Lehrpläne bereits von der ersten Klasse an religionskundliche Themen beinhalten, sollte durch Hinzufügen von „Religionskunde“ in der Bezeichnung des Faches klargestellt werden, dass es um eine gemeinsame Informationsbasis für alle Schüler*innen welcher Herkunft auch immer geht. Alle sollen gemeinsam miteinander reden und sich austauschen können – eine der wichtigen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Gesellschaft.