Die Bayerische Staatsregierung setzte nicht nur bei der Grundsteuerreform im Bund eine „Länderöffnungsklausel“ durch, sondern bestimmte in Bayern als einzigem Bundesland vorrangig (neben der Art der Nutzung) die Fläche eines Anwesens als Grundlage für dessen Besteuerung. Damit werden Grundstücke in wertvollen Lagen und hochwertige Bauten gegenüber anderen bevorzugt. Zum Beispiel spielt es keine Rolle, ob ein Anwesen unverbaubaren Seeblick am Starnberger See vorweisen kann oder ob es in der Einflugschneise des Nürnberger Flughafens liegt.
Hinzu kommt, dass die Grundsteuer über die Betriebskosten auf Mieter:innen umgelegt werden kann und damit nicht nur die Eigentümer:innen belastet.
Aus diesem Grund ist der bayerische Sonderweg unsozial und möglicherweise verfassungswidrig. So stellt auch ein von Prof. Dr. Thorsten Ingo Schmidt (Universität Potsdam) im Auftrag der Grünen Landtagsfraktion erstelltes rechtswissenschaftliches Gutachten mehrere Verstöße des bayerischen Grundsteuermodelles gegen verschiedene Rechtsnormen fest, unter anderem den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG („Verfassungswidrigkeit der Ausgestaltung der Grundsteuer als Flächensteuer“, einzusehen hier: https://www.tim-pargent.de/wp-content/uploads/2021/05/Schmidt-Gutachten-Grundsteuer-als-Flaechensteuer-aktuell.pdf).
In den 15 anderen Bundesländern gibt es kein damit vergleichbares Modell. Die Mehrheit der Bundesländer (9 Länder) haben das sogenannte Bundesmodell eingeführt, bei dem entweder der Sachwert oder der Ertragswert eines Anwesens die Grundlage der Besteuerung darstellen. Der Sachwert wird bei Geschäftsgrundstücken, gemischt genutzten Grundstücken, Teileigentum und sonstigen bebauten Grundstücken ermittelt. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken und Wohnungseigentum beruht die Grundsteuer dagegen auf dem Ertragswert.
Wir plädieren für die Einführung des Bundesmodells, denn eine gemeinsame rechtliche Grundlage mit anderen Bundesländern sorgt dafür, dass Bayern auf Erfahrungen und Gerichtsurteile in anderen Ländern unmittelbar reagieren und damit Bürger:innen in Bayern schneller von der rechtlichen Entwicklung profitieren können. Zudem sind gleiche oder ähnliche Besteuerungsgrundlagen für die Bürger:innen in Grenzregionen wichtig.