Veranstaltung: | Digitaler Parteitag (LDK) |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Digitaler Parteitag (LDK) |
Beschlossen am: | 14.11.2020 |
Eingereicht: | 14.11.2020, 15:34 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Wirtschaft in Bayern: nachhaltig und innovativ
Beschlusstext
Zahlreiche Unternehmen und Gründer*innen in Bayern sind schon auf dem Weg hin zu
zukunftsorientiertem Wirtschaften und den Arbeitsplätzen von morgen. Somit wird
deutlich: Die Art und Weise, wie wir produzieren, wirtschaften und arbeiten,
wird sich grundlegend verändern. Denn die Klimakrise, das fortschreitende
Artensterben und unsere Übernutzung der Ressourcen, wachsende Ungleichheiten,
Investitionsstau und Missstände in der Care-Arbeit lassen ein „Weiter so“ nicht
zu. Die Corona-Pandemie hat es noch einmal deutlich gezeigt: Eine unzureichend
regulierte Marktwirtschaft führt zu fehlgeleiteten Profitoptimierungen, die die
Widerstandskraft unserer ökologischen und sozialen Systeme schwächen und nur
wenigen dient.
Wir wollen eine Wirtschaft, die resilient ist und im Interesse der gesamten
Gesellschaft wirkt. Durch gezielte Innovation und Veränderung stemmen wir die
enormen Herausforderungen, vor denen Unternehmen und Gesellschaft stehen. Die
Chancen der Digitalisierung und Globalisierung gilt es zu nutzen. Dafür wollen
wir GRÜNE die Weichen stellen: Mit verbindlichen politischen Rahmenbedingungen,
die Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Wohlstand in einer sozial-ökologischen
Marktwirtschaft vereinen.
Wir bayerische GRÜNE wollen den notwendigen Umbau hin zu einem ökologischen,
gerechten und zukunftsorientierten Wirtschaften gestalten, um Bayern dadurch
krisenfest zu machen. Unser Ziel ist es, Arbeit und Wirtschaften am Standort
Bayern langfristig zu erhalten und ein gutes Leben für alle innerhalb der
planetaren Grenzen zu ermöglichen. Unseren Wohlstand sichern wir nur durch einen
ökologischen Umbau der Wirtschaft, der zugleich die Achtung von Menschen- und
Arbeitsrechten sowie existenzsichernde, faire Löhne bei uns und weltweit zum
Ziel hat. Wohlstand heißt für uns: Wir erhalten unsere Lebensqualität und die
Lebensgrundlagen für künftige Generationen und achten deshalb darauf, dass alle
politischen Maßnahmen mit den Klimaschutzzielen von Paris sowie mit den Zielen
für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) vereinbar sind.
Wir GRÜNE wollen Bayern zum Pionierland für ökologische Innovationen machen. Mit
klaren Leitplanken geben wir den Unternehmen Planungssicherheit und zeigen den
Weg in die Wirtschaft mit Zukunft auf:
Wir übernehmen gemeinsam mit den gesellschaftlichen Akteur*innen Verantwortung.
Im Dialog mit Vertreter*innen von Industrie und Handwerk, Gründer*innen,
Gewerkschaften, Wissenschaft, (Weiter-)Bildung, Verbänden, NGOs und
interessierten Bürger*innen bringen wir – gemäß unserem Anspruch als
Bündnispartei - die Perspektiven verschiedener Interessensgruppen zusammen.
Die Corona-Krise hat den Handlungsdruck weiter erhöht: Der Wirtschaftseinbruch
war historisch, Millionen Menschen sorgen sich um ihre Arbeitsplätze und die
wirtschaftliche Zukunft Bayerns. Gleichzeitig macht die Klimakrise keine Pause.
Beide Krisen müssen gemeinsam bekämpft werden. Alle politischen Maßnahmen müssen
jetzt eine doppelte Rendite erzielen. Das bedeutet sie müssen sowohl kurz- und
mittelfristig die Wirtschaft stützen, als auch positive soziale und ökologische
Effekte erzielen. Wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen müssen Arbeit,
Einkommen und Wertschöpfung sichern und zugleich sozialökologisch wirken.
Politisches Handeln muss gerade jetzt wissenschaftliche und technische
Erkenntnisse für sozialen und ökologischen Fortschritt nutzen.
Zukunftsfähiger Wohlstand
Grundlage für den Wirtschaftsumbau ist es Wohlstand echt zu messen. Wohlstand
ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt. Aktuell werden vor allem Umweltzerstörung
oder unbezahlte Sorgearbeit nicht berücksichtigt. Ein neuer
Jahreswohlstandsbericht soll neben ökonomischen auch ökologische, soziale und
gesellschaftliche Entwicklungen messen, etwa über den ökologischen Fußabdruck,
die Einkommensverteilung, die Artenvielfalt und einen Bildungsindex. Damit
werden Fehlentwicklungen besser sichtbar, Gesellschaft und Politik können ihr
Handeln daran ausrichten. Auch öffentliche Unternehmen sollen ihren Beitrag zum
Gemeinwohl sichtbar machen.
Innovative und nachhaltige Standortentwicklung
Damit Bayern in Zukunft ein attraktiver Standort bleibt, braucht es
- eine konsequente Energie- und Wärmewende
- eine funktionierende öffentliche Mobilität
- einen digitalen Freistaat „an jeder Milchkanne“
- eine lückenlose soziale Infrastruktur
- handlungsfähige Kommunen
- Fachkräfte und lebenslanges Lernen
- Standortfaktor Energie- und Wärmewende
Zentraler Standortfaktor für den Wirtschaftsstandort Bayern ist die Versorgung
mit 100 Prozent erneuerbarem Strom bis 2030 und ein treibhausgasneutraler
Gebäudebestand bis 2040. Bayern muss seine Potenziale als Standort erneuerbarer
Energien nutzen und die Rahmenbedingungen für deren Ausbau und Speicherung sowie
für Energieeffizienz verbessern. Die Windkraftverhinderung durch das 10H-Gesetz
wollen wir beenden. 100 Prozent erneuerbare Energien sind auch die Voraussetzung
für die Produktion von echtem grünen Wasserstoff, den wir für die
Dekarbonisierung der Industrie, des Schwerlast- oder des Flugverkehrs brauchen.
- Standortfaktor öffentliche Mobilität
Gute Mobilität ist sowohl ein wichtiger Standortfaktor für Bayerns Unternehmen
als auch Voraussetzung für die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft. Wir
GRÜNE stehen für Mobilitätsangebote für alle in Stadt und Land, die
klimagerecht, nachhaltig, bezahlbar und barrierefrei sind. Wir brauchen einen
Kurswechsel in der Verkehrspolitik und eine Orientierung an den Zielen „Verkehre
vermeiden, verlagern, verbessern und vernetzen“. Infrastruktur kann nicht länger
zuerst am Auto ausgerichtet werden. Investitionen in die Bahn und den ÖPNV
müssen endlich Priorität bekommen. Bayern braucht keine neuen Autobahnen und
Bundesstraßen, sondern muss den Sanierungsstau, gerade bei maroden Brücken,
angehen. Bayern braucht Mobilität, als Flächenstaat vor allem im ländlichen
Raum. Der Freistaat muss sich beim Bund dafür einsetzen, dass Engpässe im
Bahnnetz schnellstmöglich beseitigt werden können und somit attraktive
Taktfahrpläne nach dem Bayerntakt möglich sind. Wir investieren in die zügige
Elektrifizierung aller Bahnstrecken sowie den barrierefreien Ausbau der
Bahnhöfe.
- Standortfaktor digitaler Freistaat
Wir gestalten den Digitalen Wandel so, dass die Menschen in Bayern davon
profitieren und die Chancen einer Digitalisierung, die Datenschutz und
Privatsphäre achtet, nutzen können. Der Ausbau der digitalen Infrastrukturen als
wichtiger Standortfaktor muss viel stärker als bisher forciert werden. Noch
immer haben nur 15,3 Prozent aller Haushalte in Bayern einen zukunftsfähigen
schnellen Internetanschluss. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass alle Betriebe
und Haushalte Zugang zu schnellem Internet via Glasfaser erhalten und
investieren jährlich 250 Millionen Euro.
- Standortfaktor soziale Infrastruktur
Die soziale Infrastruktur im Freistaat ist Grundlage für die Teilhabe aller
Menschen am Gesellschafts- und Wirtschaftsleben. Zusätzlich zu einem Umbau der
sozialen Sicherungssysteme auf Bundesebene muss das Land daher den sozialen
Zusammenhalt und die soziale Gerechtigkeit stärken, indem es soziale
Infrastrukturen langfristig absichert. Das gilt für Kitas, Schulen und
Krankenhäuser sowie Einrichtungen wie Jugend- und Familienzentren,
Kulturzentren, Frauenhäuser oder Begegnungsstätten. Auch bezahlbares,
nachhaltiges Wohnen ist Teil der Daseinsvorsorge, daher wollen wir den
Mietwohnungsbau massiv ausweiten, Sozialwohnungen auf 40 Jahre binden sowie
kommunale Wohnungsgesellschaften fördern.
- Standortfaktor handlungsfähige Kommunen und gute öffentliche
Daseinsvorsorge
Kommunen können vor Ort das Wirtschaftsleben nachhaltiger machen, sowohl mit
verantwortungsvoller Beschaffung, die sich verbindlich an ökologischen, sozialen
und menschenrechtlichen Kriterien orientiert als auch mit einer rundum an
Nachhaltigkeit ausgerichteten Kommunalentwicklung, von der regenerativen Strom-
und Wärmeerzeugung bis zur wohnortnahen Gesundheitsversorgung. Dafür müssen die
Städte und Gemeinden investieren können: Nur mit handlungsfähigen Kommunen wird
Bayern krisenfest und zukunftsfähig.
Viele Kommunen überschreiten allerdings derzeit ihre Haushaltsgrenzen und auch
in den nächsten Jahren kommen aufgrund der Corona-Pandemie massive
Steuerausfälle auf sie zu. Aufgrund von struktureller Unterfinanzierung gab und
gibt es vielerorts einen großen Investitionsstau. Bund und Länder müssen deshalb
nicht nur kurzfristig die Gewerbesteuerausfälle aufgrund der Krise kompensieren,
sondern die Finanzierung der Kommunen dauerhaft umstellen und sie aus der
Abhängigkeit von Gewerbesteuereinnahmen befreien. Außerdem dürfen sie den
Städten und Gemeinden nicht immer neue Aufgaben zuweisen, ohne ihnen das nötige
Geld zur Verfügung zu stellen. In einem ersten Schritt stellen wir den Kommunen
100 Millionen Euro für Investitionen in die energetische Sanierung von Gebäuden
zur Verfügung. Auch die Finanzierung der Landkreise und Bezirke, die von den
Umlagen ihrer Gebietskörperschaft abhängen, wollen wir auf feste Beine stellen.
Wir setzen uns weiterhin für den Verzicht auf die Kofinanzierungspflicht bei
Förderprogrammen für einen klar begrenzten Zeitraum ein, damit Investitionen
nicht aufgrund der Pandemie aufgeschoben werden. Die Städtebauförderung muss
deutlich erhöht werden.
Wir GRÜNE fordern einen deutlich beschleunigten Ausbau aller E-Government-
Verfahren und der E-Verwaltung, damit Förderungen schnell und digital beantragt
werden können. Alle neuen Gesetze auf Landesebene sollen vor Inkrafttreten einem
Praxis-Check unterzogen werden, um unverhältnismäßige bürokratische Belastungen
zu verhinderten.
- Standortfaktor Fachkräfte und lebenslanges Lernen
Durch den ökologischen Umbau der Wirtschaft sowie durch die Digitalisierung
werden neue Qualifikationen benötigt, es entstehen aber auch neue Chancen für
die Arbeitnehmer*innen in Bayern. Bayern muss vermehrt in die Fachkräfte der
Zukunft investieren und das Weiterbildungs- und Umschulungsangebot ausbauen.
Auch in Bayern muss es endlich, wie in fast allen anderen Bundesländern, das
Recht auf Bildungsurlaub geben. Als zentrale Anlaufstellen wollen wir
Bildungsagenturen schaffen und diese in der Nähe der Arbeitsagenturen ansiedeln,
um Förderung und Beratung aus einer Hand sicherzustellen. Indem wir im Bund die
Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung umwandeln, schaffen wir
außerdem ein Recht auf Weiterbildung und sichern Menschen in Weiterbildung
sozial ab.
- Starker und attraktiver ländlicher Raum
Die grüne Mobilitätsgarantie steht für bayernweit attraktive und in ländlichen
Regionen mindestens stündliche Busverbindungen zwischen 5 und 24h. Attraktive
Angebote schaffen wir mit Verkehrsverbünden in ganz Bayern. Mit 150 Millionen
Euro für die Eisenbahninfrastruktur in Bayern fördern wir Zuschüsse und
Verbünde. Den flächendeckenden Ausbau der Radinfrastruktur wollen wir durch neue
Landesprogramme in Höhe von mindestens 50 Millionen Euro fördern. Ebenso
notwendig sind Car- und Bike-Sharing-Angebote gerade auch in ländlichen Räumen
und die Wiederinbetriebnahme von 18 stillgelegten Bahnnebenstrecken.
180.000 Haushalte haben noch immer keinen LTE-Mobilfunkempfang und nur 87
Prozent der Fläche in Bayern sind gut mit Mobilfunk versorgt. Besonders viele
ländliche Gegenden weisen Funklöcher auf. Die schwarz-rote Bundesregierung und
der damals zuständige CSU-Minister Dobrindt haben es bei der
Frequenzversteigerung 2015 versäumt, eine flächendeckende Abdeckung zu fordern –
die Menschen in den ländlichen Räumen müssen diesen Fehler jetzt ausbaden. Die
Umsetzung des Bundesmobilfunkprogramms und damit der Mobilfunkausbau in
Funklöchern muss jetzt endlich starten.
Die vielfältigen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) auch in
ländlichen Räumen und das Handwerk sind wichtige Partner für die sozial-
ökologische Transformation.
Schnelle Hilfen für Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler*innen in der
Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie verursacht eine existenzielle Krise für viele Unternehmen,
Selbständige und Freiberuflicher*innen. Branchen wie die Gastronomie, die
Kultur- und Veranstaltungswirtschaft, gerade auch bislang erfolgreiche
Unternehmen mit nachhaltigen und zukunftsorientierten Geschäftsmodellen, droht
ohne Unterstützung das Aus. Wir GRÜNE wollen deshalb den von der zweiten Corona-
Welle besonders Betroffenen mit einem Maßnahmen-Paket schnellstmöglich und
unbürokratisch helfen. Dazu fordern wir einen Schutzschirm für die
Veranstaltungswirtschaft. Betroffene Soloselbständige und
Kleinstunternehmer*innen wollen wir mit einem Unternehmer*innenlohn wirksam
unterstützten, Selbstständige und Unternehmen mit einem erweiterten
Verlustausfall und einer fairen Lastenaufteilung bei Gewerbemieten größere
Liquiditätsspielräume ermöglichen.
Soloselbständige, kleine und mittlere Unternehmen, die trotz eines tragfähigen
Geschäftsmodells wegen der Einschränkungen durch die Pandemiebekämpfung
zahlungsunfähig zu werden drohen, brauchen ein einfaches vorinsolvenzliches
Sanierungsverfahren, um mit Gläubigern Regelungen zu finden, die die Fortführung
des Betriebs und den Erhalt der Arbeitsplätze ermöglichen. Analog zur
Unterstützung von Privatpersonen durch Schuldnerberatungsstellen brauchen auch
KMU eine Unterstützung bei einem solchen Verfahren. Wir wollen diesen
Selbständigen und Unternehmen für dieses Verfahren Expert*innen zur Seite
stellen und die Verfahrenskosten bei Corona-bedingter, drohender
Zahlungsunfähigkeit staatlich mitfinanzieren
Von zentraler Bedeutung für betroffene Unternehmen ist eine größtmögliche
Planungssicherheit in den kommenden Wintermonaten, auf der Grundlage unseres
aktuellen Kenntnisstandes zum Infektionsschutz. Es braucht eine deutliche
Ausweitung der Kapazität von Schnelltests, um wirtschaftliches Leben ohne
Ansteckungsrisiko zu ermöglichen. Nur wenn Bund und Freistaat wirklich an einem
Strang ziehen, wird es gelingen, die dringend nötigen Hilfen schnellstmöglich
umzusetzen und nachvollziehbare, funktionierende und transparente
Rahmenbedingungen für Unternehmen in den nächsten Monaten zu setzen.Ihnen
gebührt zielgerichtete Unterstützung, wo sie sie am meisten brauchen.
Unbürokratisch und individuell.
Wir Grüne unterstützen innovative Projekte, wie z.B. dezentrale Co-Working-
Räume, die professionelle Arbeitsumgebungen im ländlichen Raum schaffen und den
Pendeldruck von Straße und Schiene nehmen. Gleichzeitig behalten wir
Veränderungen im Auge, die auf die Peripherie der Großstädte und den ländlichen
Raum zukommen, auf die sie derzeit nicht eingestellt sind. Dazu gehört z.B. die
Begleitung des Aufbaus der Infrastruktur im ländlichen Raum.
Unternehmen beim ökologisch-sozialen Umbau unterstützen und nachhaltige
Unternehmen stärken
Unternehmer*innen sind zentrale Mitgestalter*innen der sozial-ökologischen
Transformation. Leistungsstarke bayerische Branchen, wie die Fahrzeugindustrie,
Elektrotechnik und Maschinenbau, sowie energieintensive Industrien wie die
Chemie- und Zementindustrie sind Schlüsselbranchen für den Wandel hin zu einer
klimaneutralen Zukunft. Wir wollen sie beim Umbau unterstützen und Bayern als
innovativen und nachhaltigen Wirtschaftsstandort stärken, mit vielfältigen
kleinen und mittelständischen Unternehmen, zukunftsfähiger Industrie und
Neugründungen in Technologien von Morgen. Denn zukunftsfest kann Bayern als Land
mit einer hochindustrialisierten Wirtschaftsstruktur nur sein, wenn diese
nachhaltig ist. Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Wir geben sie ihnen,
indem wir verlässliche Leitplanken schaffen. Die Wirtschaftsförderung wollen wir
an den Kriterien der sozial-ökologischen Transformation ausrichten, damit
künftige Wertschöpfung mit ökologischem und sozialem Mehrwert verknüpft wird. Im
Sinne eines neuen Wohlstandsbegriffs sollen Unternehmen, die aktiv zum
Gemeinwohl beitragen, besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung durch den
Freistaat erfahren. Denn es sind diese Unternehmen, die die Wirtschaft
krisenfester, klimabewusster und sozialer machen.
- Den Umbau in kleinen und mittleren Unternehmen fördern
Wir wollen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sowie für eine
verbesserte Kreislaufwirtschaft durch Best Practice-Beispiele und Wettbewerbe
fördern. Wir GRÜNE fordern eine Landesstrategie für Ressourceneffizienz, um die
Unternehmen bestmöglich zu unterstützen. Mit einem ökologischen
Transformationsfonds mit einem Volumen von 300 Millionen Euro stärken wir
insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei Investitionen in
Zukunftstechnologien. Unternehmer*innen und KMUs erhalten konkrete Beratung
darin, ihre Geschäfts- und Produktionsprozesse nach bewährten
Nachhaltigkeitsbewertungen zu überprüfen und zu verbessern. Der Freistaat
etabliert geeignete Förderprogramme zur Nachhaltigkeitsberatung für kleine und
mittelständische Unternehmen. Wir befürworten eine transparente Dokumentation
aller Maßnahmen, die ein Unternehmen in Richtung Nachhaltigkeit unternimmt.
Match-Making-Dienste für Unternehmer*innen können helfen, Geschäftspartner*innen
entlang einer nachhaltigen Wertschöpfungskette zu finden.
- Fahrzeugindustrie weiterentwickeln
Besonders in der Fahrzeugindustrie können so der Umstieg auf die Produktion
sauberer batterieelektrischer Autos gemeistert und Arbeitsplätze erhalten
werden. Wir setzen uns außerdem für eine bayerische grüne Wasserstoffstrategie
im Einklang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien ein, die auf schwere
Nutzfahrzeuge, Luftfahrt oder industrielle Prozesse ausgerichtet ist, und setzen
so die richtigen Anreize für gezielte Innovationen mit hohem Wirkungsgrad.
- Digitale und ökologische Transformation zusammen denken
Für Unternehmen eröffnet der digitale Wandel neue Geschäftsfelder und bietet
enorme Chancen, um den Ressourcen- und Materialverbrauch zu verringern. Die
Digitalisierung führt zwar keinesfalls automatisch zu nachhaltigen
Geschäftsmodellen und Produktionsverfahren, kann aber, die passenden
Rahmenbedingungen vorausgesetzt, einen erheblichen Innovations- und
Modernisierungsschub ermöglichen. Wir fordern, dass der Freistaat diese
Entwicklung aktiv unterstützt und den Zugang zu seinen Daten mittels
konsequentem Einsatz von Open Data und Open Government erleichtert. Davon
profitieren insbesondere kleine und mittlere Unternehmen und nicht die
Digitalgiganten aus USA und China.
- Tourismus naturverträglich und nachhaltig ausrichten
Der Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftszweig in Bayern und beschäftigt
sowohl im ländlichen Raum als auch in Metropolen über eine halbe Million
Menschen. Wir GRÜNE setzen uns für einen nachhaltigen Tourismus ein, der die
Bedürfnisse von Mensch und Natur genauso verbindet, wie die von Besucher*innen
und Einheimischen. Mit gezieltem Marketing, wirksamer Lenkung der Besucher*innen
sowie attraktiven Wander- und Radwegen kann das gelingen. Bayern ist vielfältig
und birgt viel mehr touristisches Potenzial als nur das der Tourismushotspots.
Wir unterstützen deshalb auch andere Regionen dabei, attraktive Angebote zu
schaffen, diese zu kommunizieren und gut und per ÖPNV erreichbar zu sein.
- Energiewende-Unternehmen entfesseln und unterstützen
Die regionale erneuerbare Energiewirtschaft wie auch das Baugewerbe und das
Handwerk wollen wir mit einem klaren Bekenntnis zur Energiewende und rechtlich
verbindlichen Zielen zur Verminderung des CO2-Ausstoßes unterstützen und ihnen
die Planungssicherheit geben, auf die sie bis heute vergeblich warten. Mit
starken Unternehmen im Bereich der Zukunftstechnologien der Energiewende
schaffen wir neue Arbeitsplätze und stärken die regionale Wertschöpfung. Großes
Auftragsvolumen entsteht, wenn der Ausbau der Windenergie in Bayern wieder
aufgenommen wird, sukzessive für Neu- und Bestandsbauten Solarthermie und
Photovoltaik vorgeschrieben werden, das Bauen mit nachhaltigen Baustoffen
vorangebracht und neue fossile Gebäudeheizungen zügig untersagt werden. Es
müssen Anreize geschaffen werden für Bürgerenergieprojekte, für den
Eigenverbrauch von selbstgenutztem Strom insbesondere auch im Gewerbebereich und
für die energetische Sanierung unserer Gebäude. Im Wärmebereich muss die
Sanierungsquote vervierfacht werden. Der Freistaat muss hier klare Vorgaben über
ein Wärmegesetz erarbeiten.
- Vielfältige Kultur- und Kreativwirtschaft erhalten
Bayern ist Technologie- und Exportstandort, aber weit mehr als das. Gerade für
die regionale Wirtschaft spielen viele Selbständige und Kleinunternehmer*innen
eine entscheidende Rolle. So tragen die Kultur- und Kreativwirtschaft zu einem
erheblichen Teil zu Bayerns Wohlstand bei: als sogenannte wichtige weiche
Standortfaktoren ebenso wie als bedeutende Wirtschaftsbranchen. Zudem fördern
sie den wichtigen gesellschaftlichen Dialog über soziale und ökologische
Gerechtigkeit. Bayerns Kulturszene ist vielfältig; diese Vielfalt gilt es, zu
erhalten. Das Land muss Kultureinrichtungen finanziell und strukturell
absichern, in urbanen wie in ländlichen Räumen. Kultur läuft Gefahr in der
Pandemie Einsparungen zum Opfer zu fallen. Wir sehen sie dagegen als
Pflichtaufgabe der Kommunen an. Im Bund treten wir für ein Überbrückungsprogramm
für die Veranstaltungsbranche und ein rückwirkendes Existenzgeld in Höhe von
1200€ für Soloselbstständige ein.
- Regionale Wertschöpfung und Ressourcenwende fördern
Regionale Wirtschaftskreisläufe und lokale Lieferketten wollen wir stärken. Auch
digitale und nachhaltige Geschäftsmodelle mit regionalem Bezug wollen wir
fördern, wie beispielsweise digitale Dorfläden. Wirtschaftsförderung 4.0 muss
mehr auf kooperative, regionale Wirtschaftsformen setzen, um Arbeitsplätze vor
Ort zu sichern sowie die wirtschaftliche und soziale Resilienz zu stärken. Die
Möglichkeit, regionale Bezahlmittel zu etablieren, wollen wir bekannter machen.
Um die Ressourcenwende zu erreichen, sind reparierbare und recycle-fähige
Produkte sowie eine effiziente Kreislaufwirtschaft entscheidende Stellschrauben.
Wir müssen nachhaltige Formen des Wirtschaftens etablieren und den Wohlstand vom
Ressourcenverbrauch entkoppeln. Wir unterstützen eine freiwillige
Selbstverpflichtung von Unternehmen, nicht mehr Ressourcen als im Vorjahr zu
verbrauchen und fördern ausdrücklich eine Senkung des Ressourcenverbrauchs durch
geeignete Anreize. Wir wirken z.B. auf den zuständigen Ebenen darauf hin, dass
Kosten für Reparaturen steuerlich begünstigt werden.
Kreislaufwirtschaft beginnt beim Produktdesign. Der Freistaat muss Unternehmen
fördern, die an der Forschung und Entwicklung kreislauffähiger Produkte
arbeiten. Wir unterstützen die Verlängerung der Produktlebensdauer durch
professionelle Refurbisher.
- Ökologisch-soziales Landesvergabegesetz schaffen
Wir brauchen die verbesserte Beteiligung von kleinen und mittelständischen
Unternehmen sowie Startups bei öffentlichen Aufträgen. Wir GRÜNE fordern für
Bayern endlich ein eigenes Landesvergabegesetz. Damit sorgen wir für gerechte
Löhne, faire Lieferketten und ökologische Vergabekriterien.
- Gründungen und Startups fördern
Startups und Gründungen sind wichtige Treiber wirtschaftlicher und sozial-
ökologischer Innovation. Förderung sollte insbesondere auf Gründungen und
Startups zielen, die sich auf ökologische Nachhaltigkeit, soziale Fairness und
am Wirtschaften im Sinne des Gemeinwohls ausrichten. Den Förderdschungel wollen
wir übersichtlich gestalten und Gründungszentren zu dezentralen
Beratungsagenturen ausbauen. Außerdem werden wir eine Soziale
Innovationsstrategie entwickeln.
Der Frauenanteil an Gründungen und Startups ist mit rund 15 Prozent bundesweit
deutlich zu niedrig. Mit einem bayerischen Gründerinnenzentrum erleichtern wir
Frauen das Gründen. Außerdem unterstützen wir Migrant*innen bei der
Unternehmensgründung durch ein spezifisches Beratungsangebot und erhöhen deren
Sichtbarkeit durch einen bayerischen Preis für Unternehmen von Migrant*innen.
Ein Teil der Gründungsförderung soll zudem besonders soziale Innovationen und
den Gedanken der Sharing Economy unterstützen. Durch weniger Bürokratie für
alternative Rechtsformen wie Genossenschaften oder Unternehmen in
Verantwortungseigentum und die Anerkennung als gleichwertige Rechtsform regen
wir eine Gründungswelle an. Startups und lokale mittelständische Betriebe wollen
wir noch besser vernetzen und die Clusterförderung darauf ausrichten.
Arbeit mit Zukunft
Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, die die Rechte von Beschäftigten
schützen. In allen Branchen setzen wir uns für faire und auskömmliche
Arbeitsverhältnisse sowie einen ein armutsfesten Mindestlohn ein. Gute Arbeit
und gute Arbeitsbedingungen, wie flexible Vollzeit zwischen 30 und 40
Wochenarbeitsstunden, und betriebliche Mitbestimmung sind wichtige Grundlagen
für das Funktionieren der sozial-ökologischen Transformation. Für Gerechtigkeit
sorgt ein starkes soziales Sicherungssystem, das Selbstbestimmung gewährleistet
und Armut verhindert. Mit der Einführung von Teilzeitausbildungen oder
assistierten Ausbildungen wollen wir in Bayern benachteiligte Gruppen wie
Alleinerziehende oder Menschen mit psychischen Erkrankungen mehr Chancen auf dem
Arbeitsmarkt eröffnen. Zur Verbesserung des Ausgleichs zwischen Familie und
Beruf setzen wir uns für einen Anspruch auf Homeoffice ein, soweit es
betrieblich möglich ist. Wir wollen gleiche Karrierechancen und eine faire
Entlohnung für Frauen.
Gerechte und nachhaltige Staatsfinanzierung
Wir GRÜNE stehen für eine gerechte und nachhaltige Finanzierung staatlicher
Haushalte. Dafür sind Kredite mit langen Tilgungszeiträumen notwendig. Ein zu
schneller Einstieg in eine restriktive Tilgung würde die wirtschaftliche
Erholung und somit die Handlungsspielräume des Landes für wichtige
Zukunftsinvestitionen gefährden. Gleichzeitig haben wir aber auch die künftigen
Generationen im Blick und nutzen die notwendige Schuldenaufnahme, um gezielt in
unsere Infrastruktur zu investieren. Deshalb wollen wir die Schuldenbremse
reformieren und es ermöglichen Investitionen besser zu berücksichtigen. Denn
Generationengerechtigkeit bedeutet auch, eine intakte Infrastruktur zu
hinterlassen.
Eine vollständige Verlagerung der Krisenkosten auf die nächsten Generationen
lehnen wir allerdings ab. Stattdessen müssen sehr hohe Einkommen und hohe
Vermögen ihren Anteil beitragen. Hierfür ist eine Reform der Einkommenssteuer
sowie der Erbschaftssteuer auf Bundesebene dringend geboten. Auf europäischer
Ebene streben wir eine Finanztransaktionssteuer an, die alle Transaktion
besteuert und damit ihren Namen auch verdient.
Während insbesondere viele Mittelständler und der Einzelhandel in den
Innenstädten unter der Krise leiden, machen große Digitalkonzerne riesige
Gewinne. Zugleich zahlen sie weniger Steuern als vergleichbare traditionelle
Unternehmen. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, diesen
Wettbewerbsnachteil zu beseitigen und die europäische Digitalsteuer nicht länger
zu blockieren.
Aber auch eine ökologische Steuerreform hat enormes Potenzial, um einerseits die
Krisenkosten zu schultern und andererseits den Wirtschaftsumbau voranzutreiben.
Umweltschädliche Subventionen wie das Diesel- oder das Dienstwagenprivileg
müssen schnell und konsequent abgeschafft werden. Ein wirksamer CO2-Preis ist
unabdingbar, denn Preise müssen die ökologische Wirklichkeit widerspiegeln. Wir
wollen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zur Senkung des Strompreises
verwenden. Vom Wettstreit um die beste ökologische Lösung profitieren
Verbraucher*innen durch langlebige Geräte und niedrige Stromrechnungen.
Wir GRÜNE wollen Divestment vorantreiben und nachhaltig investieren. Wer Geld
anlegt, kann Einfluss nehmen - und das Geld aus klimaschädlichen
Geschäftsmodellen abziehen. So fördern wir Investitionen in die Zukunft.
Unternehmen sollten in ihren Jahresberichten ihre Klimarisiken offenlegen. Der
Freistaat Bayern und die Kommunen sollten Vorbild sein und ihre Geldanlagen in
nachhaltige Anlagen statt in klimaschädliche Kohle investieren.
Europäische und internationale Zusammenarbeit
Bayerns Wirtschaft macht an den Grenzen des Freistaats nicht halt.Wenige
Regionen profitieren so sehr vom europäischen Binnenmarkt wie Bayern mit seiner
exportstarken Wirtschaft. Die europäische Einigung weiter zu festigen und zu
vertiefen, muss deshalb auch für die bayerische Staatsregierung oberste
Priorität haben.Der ökologisch-soziale Umbau der Wirtschaft ist eine globale
Herausforderung.Unser Kompass auf den Weg dorthin sind die Nachhaltigkeitsziele
der UN und das Klimaabkommen von Paris, die wir auch für internationale Handels-
und Wirtschaftspolitik einfordern. Deshalb setzen wir uns für internationale und
europäische Rahmenbedingungen ein. Der Beschluss zur Reduzierung der CO2-
Emmissionen der Europäischen Union um 60 Prozent bis zum Jahr 2030 ist ein
großer GRÜNER Erfolg. Wir setzen uns weiter für eine Reduzierung der CO2-
Emmissionen der EU um 65 Prozent bis zum Jahr 2030 ein. Die Klimaneutralität der
EU bis 2050 ist für uns ein zentrales Ziel und Auftrag zu konsequentem Handeln
in der Landespolitik – zum Vorteil für Bayern und ganz Europa. Klimafreundliche
und ressourcenschonende Produktionsweisen werden immer stärker nachgefragt und
haben das Potential, sich zu einem echten europäischen Standortvorteil zu
entwickeln. Ambitionierte Klimaziele fordern die Industrie auf, zukünftige
Investitionen nachhaltig zu planen und ermöglichen Unternehmen in Europa
Planungs- und Investitionssicherheit, damit auch langfristig ihre
Wettbewerbsfähigkeit gesichert ist. Wir machen mindestens die Einhaltung des
Pariser Klimaschutzabkommens, die völkerrechtlich verbrieften Menschenrechte und
die ILO-Kernarbeitsnormen zu festen und einklagbaren Bestandteilen dieser
Abkommen. Wir unterstützen regionale Wertschöpfung und den regionalen Handel.
Unternehmen tragen eine gesellschaftliche Verantwortung. Um Umwelt- und
Sozialstandards sicherzustellen und Transparenz zu erreichen, gilt es
Sorgfaltspflichten auf nationaler wie internationaler Ebene mit einem wirksamen
Lieferkettengesetz zu verankern, Sanktionen und Haftung bei Verstößen
festzuschreiben sowie positive Anreize für vorbildliche Unternehmen zu setzen.
Die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) bilden den
Kompass unserer internationalen Wirtschafts- und Handelspolitik.