Veranstaltung: | Digitaler Parteitag |
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Antragsteller*in: | Claudia Roth (KV Augsburg-Stadt), Landesvorstand, Katharina Schulze (KV München-Stadt), Gülseren Demirel (KV München-Stadt), Cemal Bozoglu (KV Augsburg-Stadt) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.06.2020, 11:18 |
A7: Stark gegen Rassismus - Für eine solidarische Gesellschaft, die die Würde jedes Menschen schützt
Antragstext
Der gewaltsame Tod von George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in
Minneapolis macht die tiefe und strukturelle Diskriminierung von Schwarzen und
People of Color (PoC) in den USA erneut sichtbar. Wir unterstützen das Anliegen
und die friedlichen Proteste der weltweiten #BLACKLIVESMATTER Bewegungen, unsere
Solidarität gilt allen Menschen, die von Rassismus betroffen sind - in den USA,
weltweit, und eben auch hierzulande.
Auch Deutschland hat ein strukturelles Problem mit Rassismus. Davor haben PoCs,
Schwarze Menschen, Muslim*innen und Jüd*innen sowie Sinti*zze und Rom*nja seit
Jahren gewarnt und gemahnt. Doch sie wurden lange nicht gehört, ihre Angst wurde
nicht ernst genommen, auch nicht nach Mölln, Solingen, dem NSU-Komplex, München,
dem Mord an Walter Lübcke, Halle oder Hanau. Das muss sich ändern, denn
Rechtsextremismus und rechter Terror treffen vor allem Menschen mit
Rassismuserfahrung.
Rassismus entsteht nicht im luftleeren Raum. Einerseits sind da die Hetzer und
Stichwortgeber*innen, auch in unseren Parlamenten. Sie wollen, dass wir uns an
ihre entgrenzte Sprache gewöhnen, an die Angriffe auf Minderheiten, an ihre
Ideologie der Ungleichwertigkeit. Sie wollen nicht diskutieren, sondern Diskurs
zerstören. Sie wollen ihren Hass salonfähig machen. Mehr denn je ist es Aufgabe
aller Demokrat*innen, sich dem mit aller Kraft entgegenzustellen.
Andererseits wäre es falsch, Rassismus allein als Phänomen der Extreme zu
verklären; als ein Gift, das von außen auf uns einwirkt. Rassismus ist in
unserer Gesellschaft fest verankert und allgegenwärtig. Er unterscheidet
Menschen nach Herkunft, Kultur, Religion und weist einigen einen höheren,
anderen einen niedrigeren Rang in der Gesellschaft zu – oft auch nur
unterbewusst und niedrigschwellig. Für viele Menschen gehört dieser strukturelle
Rassismus seit Jahrzehnten zum Alltag. In Form eines mal lauten, mal leisen
Grundrauschens war und ist kultureller, ethnischer, auch antimuslimischer
Rassismus für viele Menschen in Deutschland schmerzhafte alltägliche Erfahrung.
An den Universitäten, in den Personalabteilungen, auf dem Wohnungsmarkt:
Rassistisch bedingte Machtstrukturen haben System. Und nicht selten geht
Rassismus einher mit Sexismus und Frauenfeindlichkeit.
Wenn es nicht bei bloßen Bekundungen bleiben soll, muss unsere unbedingte
Solidarität deshalb weiter reichen. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen
Angst haben, dass sie tagtäglich Diskriminierung und Rassismus ausgesetzt sind.
Beweisen wir, dass wir an der Seite aller stehen, die von Diskriminierung und
Ausgrenzung betroffen sind. Das geht nur, wenn die Perspektive der Menschen mit
Rassismuserfahrung einbezogen und ernst genommen wird. Wir lassen nicht zu, dass
alltäglicher Rassismus weiter kleingeredet wird, sondern wir gehen entschlossen
dagegen vor - und nehmen dabei auch selbstkritisch unser eigenes Verhalten in
den Blick.
Es reicht nicht, Rassismus und Rechtsextremismus rein sicherheitspolitisch zu
bekämpfen, denn ihnen liegen gesamtgesellschaftliche Strukturen zu Grunde.
Ebenso wenig reicht es nicht, nur die Symptome zu lindern, es ist an der Zeit
das Problem an der Wurzel anzupacken. Kurzum: Gestalten wir gemeinsam eine
Gesellschaft, in der die Würde jedes Menschen tatsächlich im Zentrum steht. Eine
Gesellschaft, in der rassistische, rechtsextreme und antifeministische
Bestrebungen möglichst wenig Nährboden vorfinden. Schaffen wir ein
gesellschaftliches Klima, in dem die Leistungen der Einwanderungsgesellschaft
gewürdigt und Diversität nicht nur als Realität, sondern auch als Stärke
anerkannt wird. Eine solidarische Gesellschaft.
Um Rassismus erfolgreich zu bekämpfen, brauchen wir gesamtgesellschaftliche
Ansätze. Deshalb fordern wir:
1. Neues Staatsziel „Vielfalt in Einheit“ nach kanadischem Vorbild in
Landesverfassung aufnehmen
Das Bekenntnis zu Deutschland als Einwanderungsland wollen wir in unserer
Landesverfassung verankern. Außerdem unterstützen wir auf Bundesebene die
Forderung, eine neue Gemeinschaftsaufgabe im Sinne von Art. 91a GG
„Gleichberechtigte Teilhabe, Chancengerechtigkeit und Integration“ zu
formulieren, die sicherstellt, dass der Bund bei der Rahmenplanung und
Finanzierung dieser Ziele, die Länder und Kommunen unterstützt. Die Gestaltung
der Migrationsgesellschaft muss zukünftig stärker als gesamtstaatliche
Verantwortung wahrgenommen werden.
2. Begriff "Rasse" aus der Landesverfassung streichen
Rassismus lässt sich nicht glaubwürdig bekämpfen, so lange der Begriff „Rasse“
in unserer demokratischen Grundlage –unserem Grundgesetz und der Bayerischen
Verfassung – beibehalten wird. Der Grundgedanke des Wortlautes suggeriert ein
Menschenbild unterschiedlicher „Rassen“. Damit wird rassistischem Denken
Vorschub geleistet. Darum setzen wir uns für die Streichung des Wortes „Rasse“
aus der Bayerischen Verfassung und dem Grundgesetz ein.
Stattdessen soll normiert werden, dass niemand rassistisch benachteiligt werden
darf. Auch wird diese Reform dafür genutzt, die staatliche
Gewährleistungspflicht auf Schutz gegen jedwede gruppenbezogene Verletzung der
gleichen Würde aller Menschen zu stärken.
3. Antirassismusbeauftragte für den Freistaat Bayern
Wir wollen Antirassismus und Demokratieförderung als Querschnittsaufgaben
vorantreiben. Rassismus wurde in großen Teilen der deutschen Politik lange nicht
als Problem betrachtet. Um dieses Defizit an Wissen, Erfahrungen und Expertise
aufzuarbeiten und aufzuholen, wollen wir eine unabhängige Expert*innenkommission
einsetzen, die in der Bayrischen Staatskanzlei angesiedelt ist. Wir brauchen ein
konsequentes Vorgehen gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und
sämtliche menschenfeindlichen Einstellungen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln.
Die Expert*innenkommission soll Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus
entwickeln und deren Umsetzung koordinieren und „kontrollieren“. Ein*e
Antirassismusbeauftragte*r soll zusätzlich alle Maßnahmen der Landesregierung zu
Antirassismus in jeglicher Form wirksam bündeln und in einem jährlichen Bericht
zu Erscheinungsformen und Entwicklungen des Rassismus in Bayern dem Landtag
vorlegen. Durch den institutionalisierten Austausch zwischen Wissenschaft,
Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden, zwischen Staatsschutz, Politik und
Justiz, soll die Expert*innenkommission nachhaltige Strategien gegen Rassismus
für den Freistaat Bayern entwickeln.
4. Demokratieförderung als eigenständigen Aspekt im Gemeinnützigkeitsrecht
verankern
Vereine und Einrichtungen, die sich für unsere Demokratie einsetzen, sind das
Rückgrat des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland. Deshalb müssen die
Rechtssicherheit und die Gleichbehandlung verschiedener zivilgesellschaftlicher
Akteure sichergestellt werden. Der Einsatz für den Erhalt und die Förderung
unserer Demokratie ist zweifellos gemeinnützig.
5. Demokratiefördergesetz jetzt auf den Weg bringen und Landesaktionsplan
vorlegen
Die Demokratieförderung auf kommunaler Ebene, auf Länder- und Bundesebene muss
durch ein Demokratiefördergesetz sichergestellt, ausgebaut und dauerhaft
abgesichert werden. Das Gesetz umfasst die Stärkung kommunaler und
zivilgesellschaftlicher Strukturen. Ziel ist es, dass bundesweit Fördermittel
zur niedrigschwelligen Förderung von Projekten lokaler zivilgesellschaftlicher
Initiativen bereitgestellt werden können, die unbürokratisch vergeben werden.
Flächendeckende mobile Beratungskapazitäten sollen sicherstellen, dass auch der
strukturschwache Raum erreicht wird.
Wir fordern die Landesregierung auf, einen ressortübergreifenden
Landesaktionsplan gegen Rassismus, Antisemitismus und Gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit in Bayern zu erarbeiten. Wir wollen außerdem die Erhöhung
der Ausgaben für Ko-Finanzierungen des Freistaats Bayern zum Bundesprogramm
„Demokratie leben!“ zur Stärkung der Mobilen Beratung, der Opferberatung, der
zivilgesellschaftlichen Aussteigerarbeit, der außerschulischen Bildungsarbeit
sowie für ein Förder- und Aktionsprogramm zur Unterstützung
zivilgesellschaftlicher Initiativen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Um das Verwaltungshandeln für Demokratie
und gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus sowie weitere Formen der
gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit über alle Ebenen und Ressortgrenzen
hinweg zu koordinieren, wollen wir außerdem eine „Koordinierungsstelle
Demokratie“ einrichten, die alle Verwaltungsebenen bezüglich dieser
Problemfelder sensibilisiert und die Verwaltung darüber hinaus mit der
Zivilgesellschaft vernetzt.
6. Politische Bildung als lebenslanges Lernen ernst nehmen
Um sich mit den Grundwerten unserer Demokratie, mit Antirassismus, der
kolonialen Vergangenheit und Rechtsextremismus auseinandersetzen zu können, ist
politische und historische Bildung unerlässlich. Wir verstehen politische
Bildung generationenübergreifend als Teil des Lebenslangen Lernens, das gezielt
gefördert werden muss, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Wesentlich
dabei ist, die Voraussetzungen zu schaffen, dass Bürger*innen im Prozess der
politischen Meinungsbildung Debatten besser reflektieren und einordnen können;
dabei sind neben Jugendlichen auch stark berufsaktive Zielgruppen in den Blick
zu nehmen. Dabei gilt es nicht nur die Bundes- und Landeszentralen für
politische Bildung zu stärken, sondern auch die Expertise
zivilgesellschaftlicher Organisationen, wie die
Migrant*innenselbstorganisationen, zu nutzen und diese dabei strukturell und
finanziell einzubinden und zu fördern. Darum wollen wir unter anderem bei der
Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit einen Interventionsfonds zur
unbürokratischen Unterstützung lokaler Bündnisse auflegen, die sich für unsere
Demokratie und gegen Menschenverachtung engagieren. Nach thüringischem Vorbild
ist dieser Fonds auf kurzfristige intervenierende Aktionen gegen
Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit ausgerichtet. Diese können bis maximal 1.000 Euro
gefördert werden.
7. Antirassistische Bildungsarbeit, Aus- und Fortbildung
Das Netzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ hat sich der
Antirassismusarbeit an Schulen verschrieben und ermutigt Schulgemeinschaften,
das Klima an ihrer Schule ohne Rassismus und mit Courage zu gestalten. Diese
wichtige Arbeit der Sensibilisierung und Thematisierung sowie Projektarbeit an
Schulen wollen wir weiter ausbauen und fördern.
Um einer pluralen Demokratie gerecht zu werden, sollten sich die vielfältigen
und unterschiedlichen Perspektiven auf deutsche Geschichte und Gegenwart auch in
den bayerischen Lehrplänen widerspiegeln. Deshalb fordern wir, dass sich Bayern
im Rahmen der Kulturministerkonferenz dafür einsetzt, dass in Kooperation mit
dem Forum Rassismus eine gemeinsame Erklärung erarbeitet wird, die die Schritte
zu einer Thematisierung des Kolonialismus, von Antirassismus und der deutschen
Geschichte als Einwanderungsland in den Schulen aufzeigen soll. Unsere koloniale
Vergangenheit ist ein integraler Bestandteil unserer Geschichte und die
kritische Aufarbeitung auch immer wichtiger Teil unserer Gegenwart.
Die Landeszentrale für politische Bildung soll besser ausgestattet werden, um
ihre jugendspezifischen Angebote auszubauen und Trägern politischer Bildung mehr
Anreize zum Ausbau eigener Programme bieten zu können. Ziel ist ein nachhaltiges
und strukturell verankertes rassismuskritisches Bewusstsein der Schüler*innen,
Lehrenden und anderen Pädagog*innen sowie Sozialarbeiter*innen. Dazu gehört auch
Aus- und Fortbildungen von Lehrerinnen und Lehrern zur Demokratiebildung
auszubauen und rassismuskritischen Politikunterricht an allen Schulformen zu
stärken. Wir setzen uns für die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für
Schulen zur Erstberatung und Begleitung bei akuten Fällen und zur
längerfristigen Betreuung von Schulen ein, die sich aktiv Rassismus und
Antisemitismus entgegenstellen. Zudem braucht es unabhängige Beschwerdestellen
für Schüler*innen, die Rassismuserfahrungen gemacht haben.
8. Einrichtung eines Sachverständigenrates zu Demokratiefragen und
Verfassungswerten
Die offene Gesellschaft kommt zunehmend unter Druck. Für die Sicherung und
Fortentwicklung unserer Demokratie ist die stetige qualitative Analyse zu
Einstellungen zu unserer Demokratie wichtiger denn je. Deshalb wollen wir einen
bayrischen Sachverständigenrates zu Demokratiefragen und Verfassungswerten
einsetzen, der Einstellungen und die Wahrnehmung unserer pluralen Demokratie
bündelt, beurteilt und bewertet. In seiner Funktion als ein unabhängiges,
interdisziplinär besetztes Expert*innengremium soll regelmäßig die „Qualität“
der Demokratie in Bayern sowie die Einstellung der bayrischen Bevölkerung zur
Demokratie erforscht, Forschungslücken geschlossen und Empfehlungen erarbeitet
werden.
Das Versprechen einer pluralen Demokratie einlösen - Vielfalt und Teilhabe als
gelebte Grundüberzeugungen
9. Ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht, das Teilhabe ermöglicht
Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, das Staatsangehörigkeitsrecht als
Grundvoraussetzung für eine inklusive Gesellschaft, die Teilhabe und
Partizipation garantiert, zu reformieren. Es ist an der Zeit, der pluralen
Demokratie auch durch das Staatsangehörigkeitsrecht zur Wirklichkeit zu
verhelfen und eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts voranzutreiben. Statt
einem Rollback zum diskriminierenden Abstammungsprinzip (ius sanguinis) Vorschub
zu leisten, braucht es ein offenes, auf den Erwerb der Staatsangehörigkeit
ausgerichtetes Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsrecht. Um unsere
Einwanderungsgesellschaft zu gestalten, wollen wir alles daransetzen, dass sich
Menschen unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft zugehörig
fühlen, dass sie Deutsche sein und auch bleiben wollen.
10. Recht auf Teilhabe gesetzlich verankern
Eine plurale Demokratie kann nur gelebt werden, wenn allen Menschen in unserer
Einwanderungsgesellschaft tatsächlich gleichberechtigte Teilhabe und
Partizipation in der Gesellschaft ermöglicht wird. Wir fordern ein Teilhabe- und
Partizipationsgesetz sowohl auf Bundesebene als auch für den Freistaat Bayern,
um rechtliche Gleichbehandlung, demokratische Teilhabe und Beteiligung
gesetzlich zu verankern. Ein Partizipations- und Integrationsgesetz ist ein
wichtiger Beitrag, um die Gleichstellung aller Menschen im Land auf eine
gesetzliche Grundlage zu stellen.
11. Landesantidiskriminierungsgesetz und bayerische Antidiskriminierungsstelle
einführen
Mit dem "Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz" (AGG) hat der Bundesgesetzgeber
vier EU-Richtlinien gegen Diskriminierung umgesetzt. Das AGG ist allerdings auf
die Erwerbstätigkeit und den Privatrechtsverkehr beschränkt, sodass ein
vergleichbarer Diskriminierungsschutz bei öffentlich-rechtlichem Handeln, z.B.
beim staatlichen Bildungswesen oder bei den Sicherheitsbehörden, fehlt. Diese
Regelungslücke wollen wir mit einem Landesantidiskriminierungsgesetzschließen.
Dieses Gesetz wäre ein grundlegender Baustein, um den rechtlichen
Diskriminierungsschutz der Menschen in Bayern weiter auszubauen und die
Verwaltung zu sensibilisieren und darin zu bestärken, der gesamten Gesellschaft
diskriminierungsfrei als Dienstleisterin zur Verfügung zu stehen.
Auch auf Bundesebene brauchen wir ein AGG, das Betroffene in der Durchsetzung
ihrer Rechte wirkungsvoll unterstützt und echten Rechtsschutz gewährleistet.
Daher unterstützen wir die Forderung der Bundestagsfraktion, ein umfassendes
Verbandsklagerecht und das Schließen von Rechtslücken. Entsprechend soll die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes finanziell und personell gestärkt werden
und ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen etabliert werden. Die
Etablierung solcher Stellen ist auch auf Landesebene essentiell, darum setzen
wir uns für die Errichtung einer weisungsunabhängigen Bayerischen
Antidiskriminierungsstelle ein. Wir wollen diese mit jährlich 500.000 Euro
ausstatten. Auch auf kommunaler Ebene wollen wir die Strukturen der
Antidiskriminierungsarbeit besser fördern. In Anlehnung an die unabhängige
Antidiskriminierungsstelle des Bundes sollen Personen unterstützt werden, die
Benachteiligungen selbst erfahren oder beobachtet haben, die rassistisch
motiviert oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder
Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität
erfolgt sind.
Wir lassen Personen, die von Rechtsextremen bedroht werden, nicht alleine: Wer
auf so genannten „Todeslisten“ von extremen Rechten aufgeführt wird, muss
darüber informiert werden, um gemeinsam mit Sicherheitskräften ein anhand der
Bedrohungslage angemessenes weiteres Vorgehen abzustimmen.
Außerdem wollen wir in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden ein
Konzept für eine zentrale Anlaufstelle für Beratung und Prävention entwickeln,
die kommunale Amts- und Mandatsträger*innen sowie Mitarbeitende der
Kommunalverwaltungen, die angegriffen, bedroht und anderweitig angefeindet
werden, bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt, sie im Bedrohungsfall
berät, Fortbildungs- und Informationsangebote bereithält und den Austausch
zwischen den Betroffenen fördert.
12. Kommunale Sicherheitspartnerschaften vor Ort schaffen
Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und die Stärkung des
Sicherheitsgefühls der Bevölkerung, insbesondere für Menschen mit
Rassismuserfahrungen, profitiert von Vernetzung, Austausch und Zusammenarbeit.
Wir setzen uns daher für die koordinierte Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit
kommunalen Akteuren in Form von Sicherheitspartnerschaften ein. Hier werden
Frühwarnsysteme etabliert, der Austausch verstetigt, die Sensibilisierung
verbessert und beteiligte Akteure zusammengebracht. Dazu gehört auch eine
Verbesserung des Schnittstellenmanagements zwischen Sicherheits- und
Versammlungsbehörden. Außerdem braucht es verstärkt juristische
Beratungsangebote, um Kommunen beispielsweise im Umgang mit Immobilien, die von
Rechtsextremen benutzt oder erworben werden, sowie bei rechten Konzerten, zu
unterstützen. Nicht nur aus präventiven Gesichtspunkten ist die Schaffung
solcher Strukturen von Vorteil. Sie verbessern auch die Reaktionsfähigkeit der
Sicherheitsbehörden und tragen dazu bei, Kriminalität einzudämmen und damit die
objektive und subjektive Sicherheitslage zu verbessern. Die bestehenden
Strukturen der Sicherheitswachten wollen wir hingegen auflösen.
13. Interkulturelle Berater*innen bei den Sicherheitsbehörden
Rassismuskritische und auf den Abbau von Diskriminierung gerichtete Strukturen
müssen auch bei den Polizei- und Sicherheitsbehörden ausgebaut und
institutionalisiert werden und innerhalb der Behördenhierarchien fest verankert
werden. Die Aufgabenbereiche umfassen die Rollen von Dialogbeauftragten als
vermittelnde Akteure sowie die Organisationsentwicklung innerhalb der Behörden.
Darüber wollen wir die Opferberatung stärken.
14. Vertrauen in eine bürgernahe Polizei stärken
Rassistische und antisemitische Einstellungsmuster sind in der
Gesamtgesellschaft nach wie vor weit verbreitet, Polizist*innen sind davon nicht
ausgenommen. Darum wollen wir einen Ansprechpartner für Menschen innerhalb und
außerhalb der Polizei schaffen, der auch Bürger- und
Menschenrechtsorganisationen zur Verfügung steht und zum Beispiel bei
rassistischen oder rechtsextremen Vorfällen kontaktiert werden kann. Diese
Beschwerdestelle in Form eines/ einer unabhängigen Polizeibeauftragte*n soll das
Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei stärken. Menschen, die rassistische
Erfahrungen mit Sicherheitskräften machen, erhalten dadurch eine verlässliche
Anlaufstelle, um sich dagegen zur Wehr zu setzen; gleichzeitig können sich
Polizeibeamt*innen bei entsprechenden Vorfällen selber an den/ die Beauftragte*n
richten. Eine externe Kontrolle der Polizei ist besonders wichtig, gerade weil
die Polizei eine wichtige gesellschaftliche Funktion hat und Ansprechpartnerin
für ganz unterschiedliche Probleme und Konflikte ist. Um mehr Transparenz und
verbesserte Kontrollmöglichkeiten in der Polizeiarbeit herzustellen, fordern wir
eine, in vielen anderen Bundesländern bereits angewandte, Kennzeichnungspflicht
mit individuellen Nummern für Polizist*innen im Einsatz. Aufgrund ihrer
herausragenden Aufgabe und Rolle müssen Polizeibehörden besonderes Augenmerk auf
rassistische oder verfassungsfeindliche Einstellungen im Kreis ihrer
Beschäftigten richten. Darum soll Rassismus-sensible Polizeiarbeit in der Aus-
und Fortbildung von Polizist*innen eine größere Rolle spielen.
15. Unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung gründen
Ein Paradigmenwechsel, verbunden mit einem Quantensprung in der Analysefähigkeit
der gegenwärtigen Bedrohungslage durch Rechtsextremismus und gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit, ist dringend gefordert. Deshalb braucht es ein
unabhängiges Institut zum Schutz der Landesverfassung. Mithilfe des Instituts
soll die Expertise aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft dauerhaft in die
Analysen des Landesamtes für Verfassungsschutz einfließen und nutzbar gemacht
werden. Zu diesem Neustart des Verfassungsschutzes gehört die Befähigung der
Sicherheitsbehörden, Gefährdungen durch rechtsextremistische Netzwerke
tatsächlich zu erkennen. Nur so können ernsthafte und wirksame Konsequenzen aus
den gemachten Fehlern, insbesondere aus dem NSU-Terror, gezogen werden.
Für den Bayerischen Landesverfassungsschutz bedarf es einer verstärkten
parlamentarischen Kontrolle. Außerdem setzen wir uns für nachprüfbare
Dokumentationen der Verfahrens- und Entscheidungsabläufe des
Landesverfassungsschutzes und eine klare Abgrenzung zu den Aufgaben der Polizei
ein.
16. Bayerns koloniales Erbe aufarbeiten
Rassismus ernst zu nehmen bedeutet auch, dass sich Bayern seiner kolonialen
Vergangenheit und der damit einhergehenden Verantwortung stellen muss. Gemeinsam
mit von Rassismus betroffenen Akteur*innen und den Nachfahren Kolonialisierter
wollen wir Konzepte für einen adäquaten Umgang mit kolonialen Relikten
entwickeln. Neben dem Bildungsbereich nehmen wir dabei auch die kolonialen
Spuren im öffentlichen Raum in den Blick: Wir fordern eine kritische
Auseinandersetzung mit Kolonialdenkmälern und Straßennamen, die über die bloße
Anbringung von Hinweistafeln hinausgeht.
17. Schutz von Moscheen, Synagogen und anderen gefährdeten Einrichtungen
sicherstellen
Für umfassende Sicherheitskonzepte zum Schutz von Moscheen, Synagogen und
anderen gefährdeten Einrichtungen braucht es auf individuelle
Gefährdungsanalysen aufbauende Schutzkonzepte. Wir wollen diese in Bayern
konsequent umsetzen, eine finanzielle Unterstützung für die notwendig gewordenen
Sicherheitsmaßnahmen sollen vom Bund bereitgestellt werden.
Unser Ziel: Zusammenhalt in Vielfalt.
18. Grüne Strukturen reformieren für eine vielfältige grüne Partei
Viele Menschen sind aufgrund von gesellschaftlichen Machtverhältnissen
strukturell von Ungleichbehandlung betroffen. Deswegen setzen wir es uns zur
Aufgabe, diese strukturelle Ungleichbehandlung in unseren innerparteilichen
Strukturen aufzubrechen und gleichberechtigte politische Teilhabe und
Repräsentation zu ermöglichen. Unser Ziel ist, dass sich die Vielfalt der
Gesellschaft auf allen Ebenen unserer Partei, in Gremien und auf allen Listen
abbilden lässt. Analog zum Vielfaltsstatut der Bundespartei, werden wir unsere
Satzungen auf Landes- und Kreisebene überarbeiten.
19. Diskriminierung entschlossen entgegentreten
Unser Anspruch ist es, dass niemand innerhalb grüner Strukturen aufgrund des
Geschlechts, einer rassistischen, antischwarzen, antisemitischen,
antiasiatischen, antimuslimischen oder antiziganistischen /antiromaistischen
oder antisintiistischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, einer
Behinderung, Beeinträchtigung oder chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der
Sprache, der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität, des
sozialen Status oder der Herkunft diskriminiert oder benachteiligt wird. Mit
unserer grünen Antidiskriminierungsstelle sind wir Anlaufstelle und bearbeiten
zugleich aktiv Diskriminierungsfälle innerhalb grüner Strukturen, um Betroffene
vor Diskriminierung und Rassismus schützen.
Politische Teilhabe darf nicht vom Einkommen oder der Lebenssituation abhängen.
Unsere Strukturen wollen wir so gestalten, dass sie barrierefrei und für alle
verständlich, zugänglich und durchlässig sind. Für uns ist klar: Die Vertretung
der Interessen von diskriminierten Gruppen ist eine Gemeinschaftsaufgabe.
Unterstützer*innen
- Pierrette Herzberger-Fofana (KV Erlangen)
- Henrike Hahn (KV München-Stadt)
- Dr. Anton Hofreiter (KV München-Land)
- Ekin Deligöz (KV Neu-Ulm)
- Beate Walter-Rosenheimer (KV Fürstenfeldbruck)
- Margarete Bause ( KV München-Stadt)
- Dr. Manuela Rottmann (KV Bad Kissingen)
- Stefan Schmidt (KV Regensburg)
- Stephanie Schuhknecht (KV Augsburg-Stadt)
- Tessa Ganserer (KV Nürnberg)
- Benjamin Adjei (KV München – Stadt)
- Katrin Habenschaden (KV München-Stadt)
- Dominik Krause (KV München-Stadt)
- Martina Wild (KV Augsburg-Stadt)
- Melanie Melitta Hippke (KV Augsburg-Stadt)
- Verena von Mutius-Bartholy (KV Augsburg-Stadt)
- Peter Rauscher (KV Augsburg – Stadt)
- Dr. Deniz Anan (KV Augsburg-Stadt)
- Dr. Stefan Wagner (KV Augsburg-Stadt)
- Franziska Wörz (KV Augsburg-Stadt)
- Serdar Akin (KV Augsburg-Stadt)
- Christine Kamm (KV Augsburg-Stadt)
- Prof. Dr. Kerstin Kipp (KV Augsburg-Stadt)
- Marie Rechthaler (KV Augsburg-Stadt)
- Vivien Knies (KV Augsburg-Stadt)
- Franziska Büchl (KV München-Stadt)
- Matthias Lorentzen (KV Augsburg-Stadt)
- Uwe Kekeritz (KV Neustadt/Aisch-Bad Windsheim)
- Thomas Gehring (KV Oberallgäu)
- Timm Schulze (KV Bamberg-Stadt)
- Andreas Gumminger (KV Mühldorf)
- Judith Bogner (KV Mühldorf)
- Maximilian Retzer (KV Passau-Stadt)
- Erhard Grundl (KV Straubing-Bogen)
- Yasmin Hübel (KV Ansbach)
- Stefan Christoph (KV Regensburg-Stadt)
- Angelica Schieder (KV Landshut-Stadt)
- Magdalena Wimmer (KV Berchtesgadener Land)
- Sophia Aigner (KV Mühldorf)
- Oliver Haas (KV München)
- Wolfgang Ehrenlechner (KV Berchtesgadener Land)
- Christopher Wolf (KV München)
- Pia Kraus (KV Kulmbach)
Kommentare
Erhard Grundl, MdB:
kannst du mich bitte auf die Unterstützerliste des Antrages setzten, ich möchte da sehr gerne auch drauf stehen.
Besten Dank!
VG
Erhard
Christopher Reiter:
wenn du dich mit deinem Grünen Netz-Login im Antragsgrün anmeldest, kannst du den Antrag offiziell unterstützen.
Viele Grüße
Christopher
Sandrine Okou:
Eine Meinung zur Corona-Pandemie und zur Bosheit in der Welt: es gibt sie die Bosheit und die sogenannten Verschwörungstheoretiker sind keine. Es sind Leute, die etwas nicht verstehen, die man ihnen nicht erklärt. Normalerweise gilt in der Welt der Wissenschaft je länger man sich damit beschäftigt, desto mehr die Chance die Lösung zu finden. Haben China und die USA da länger geforscht als wir annehmen? Kommt das Gegengift womöglich aus dem Gefrierschrank? Was tut man nicht alles um Patentrechte zu erwerben? Und warum haben sie Afrika in anderen Pandemien allein gelassen? Woher der plötzliche Sinneswandel? Vielleicht sollte man hier ein bißchen nachfragen wie ihnen das gelungen ist?Ob Zufall oder Glück, wir müssen jetzt tiefer in die Tasche greifen und millionen von Toten beklagen damit andere reicher werden. Das Phänomen gibt es schon länger sonst hätte man das hypocratische Eid nicht erfunden. Ich persönlich habe diese Vorgehensweise bei manchen Medizinern vor mehr als 25 jahren schon beobachtet. Und es gibt sie, diese Leute, die für Ruhm und Reichtum einfach bereit sind über Leiche zu gehen?