Veranstaltung: | Kleiner Parteitag 2022 |
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Antragsteller*in: | LaVo (dort beschlossen am: 12.05.2022) |
Status: | Eingereicht |
Beschlossen am: | 12.05.2022 |
Eingereicht: | 12.05.2022, 17:06 |
I1: Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte - Bayern fest an der Seite der Ukrainer*innen
Antragstext
Den völkerrechtswidrigen und brutalen Angriff von Putin und seiner Armee auf die
Ukraine verurteilen wir aufs Schärfste. Die GRÜNEN Bayern stellen sich an die
Seite der Ukrainer*innen, die in diesem Krieg massive Kriegsverbrechen und
unermessliches Leid ertragen. Mit dem Angriff auf ein souveränes, demokratisches
und friedliches Nachbarland hat Putin die Friedensordnung angegriffen, die uns
Jahrzehnte des Friedens in Europa garantierte. Russland will das Recht des
Stärkeren an die Stelle der in der UN-Charta verbrieften Souveränität der
Staaten setzen und in imperialistischer Logik fremde Territorien mit Gewalt ins
eigene Staatsgebiet einverleiben. Das dürfen wir nicht zulassen. Kein Land der
Welt darf durch Krieg Gewinne machen.
Die GRÜNEN Bayern unterstützen es, dass unsere Bundesregierung dem Angriff
Russlands auf die Ukraine gemeinsam mit unseren Partner*innen in der
Europäischen Union und der NATO entschlossen entgegentritt. Nie dagewesene
politische, wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen gegen Russland und sein
Machtregime sind notwendig. Die Lieferung von wirksamen, auch schweren und
komplexen Waffen an die Ukraine versetzt sie in die Lage ihr
Selbstverteidigungsrecht auszuüben und ihr Staatsgebiet, Freiheit und Demokratie
zu verteidigen. Es ist wichtig und richtig, dass sich Deutschland parallel dazu
mit seinen Partner*innen auch diplomatisch um einen Weg zum Frieden, in strenger
Abstimmung mit der Ukraine, bemüht.
Wir wollen den Angriffskrieg auf die Ukraine und die Menschenrechtsverletzungen
so schnell wie möglich beenden und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass der
Krieg von Russland nicht auf andere Länder ausgedehnt wird. Wir tun dies auch
aus einer besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber allen Nachfolgestaaten
der Sowjetunion. Wir stellen uns an die Seite derer in Russland, die trotz
drohender Haft, Folter und Tod mutig gegen diesen Krieg eintreten. Wir bekennen
uns zum Recht der Ukraine, als souveräner und demokratischer Staat seine
Bündnisse selbst zu wählen, und unterstützen die EU-Beitrittsperspektive der
Ukraine als wichtiges politisches Signal Europas.
Aus der Erfahrung, wie Putin völkerrechtswidrig und brutal militärische Gewalt
in der Ukraine, Syrien, Tschetschenien, Georgien und Moldau angewendet hat,
stellen wir uns der Verantwortung als Regierungspartei. Wir befürworten eine
gute Ausstattung der Bundeswehr zur Stärkung der Bündnis- und
Verteidigungsfähigkeit und unterstützen daher das 100 Mrd. € Sondervermögen zur
Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Eine Verankerung
des pauschalen NATO-Zwei-Prozent-Ziels im Grundgesetz lehnen wir ab. Das
Beschaffungswesen der Bundeswehr wollen wir reformieren, notwendige
Militärausgaben bedarfsgerecht ermitteln und die europäische Zusammenarbeit bei
Verteidigung, Rüstung und Beschaffung vertiefen. Sicherheit definieren wir GRÜNE
umfassend: Neben der militärischen Sicherheit brauchen wir zivile
Krisenfrüherkennung, -prävention und -bearbeitung, Cyber-, Energie- und
Ernährungssicherheit, Klimaschutz, den Schutz kritischer Infrastruktur und eine
widerstandsfähige demokratische Öffentlichkeit, die sich durch gezielte
Desinformation nicht spalten und aufhetzen lässt. Die Mittel für diese breit
verstandene, über das Militärische hinausgehende Sicherheit wollen wir erhöhen.
Die notwendige Wehrhaftigkeit unserer Demokratien darf eine effektive
Friedensarbeit und das langfristige Streben nach Abrüstung nicht versperren.
Bayern hat Platz – jetzt Weichen stellen für eine bestmögliche Aufnahme,
Betreuung und Integration
Über 80.000 geflüchtete Ukrainer*innen wurden in Bayern bereits registriert,
insgesamt sind über fünf Millionen auf der Flucht. Wir GRÜNE Bayern sind sehr
dankbar für die große Hilfe, die zahlreiche Aktive aus bayerischen Initiativen,
Vereinen und Wirtschaft sowie in staatlichen Behörden und Bildungseinrichtungen
und vor allem die unzähligen ehrenamtlichen Helfer*innen in allen Ecken Bayerns
leisten. Sie transportieren Hilfsgüter, betreuen Geflüchtete oder nehmen diese
gleich bei sich zuhause auf. Ohne sie wäre diese große gesellschaftliche
Kraftanstrengung nicht zu stemmen.
Wir begrüßen, dass Ukrainer*innen sofort bei uns arbeiten können,
krankenversichert sind und dass Kinder und Jugendliche deutsche Schulen und
Hochschulen besuchen können. Wir GRÜNE Bayern wollen die Ehrenamtlichen besser
unterstützen, insbesondere die, die Geflüchteten Wohnraum zur Verfügung stellen.
Sie nehmen dem Staat viel Verantwortung ab, von Behördengängen über die Suche
nach Sprachkursen, Arbeit und einer dauerhaften Bleibe bis zu ersten Schritten
der Sprachvermittlung und Integration. Die Ehrenamtlichen fühlen sich häufig
allein gelassen, es fehlt eine Vorbereitung und Begleitung bei diesen Aufgaben.
Wir GRÜNE Bayern fordern:
dass der Freistaat die Kreisverwaltungsbehörden mit den notwendigen
finanziellen Mitteln und mehr Personal ausstattet, um Sprachkurse,
Infohotlines und Beratungsangebote für Geflüchtete sowie Ehrenamtliche
anbieten zu können. Den Kommunen fehlt noch immer eine klare Zusage,
welche zusätzlichen Kosten im Rahmen der Aufnahme und Integration vom
Freistaat übernommen werden.
die bayerische Integrationsrichtlinie so zu überarbeiten, dass eine
bessere personelle Ausstattung in den Beratungsstellen gewährleistet
werden kann und Personal- und Sachkosten vollfinanziert werden. Zudem soll
in Zukunft ein*e Berater*in für 100 statt wie bisher 250 Klient*innen
zuständig sein.
die Psychosozialen Zentren in ganz Bayern mit zusätzlichen Fachkräften
massiv aufzustocken und mit speziellen Anlaufstellen für stark
traumatisierter Geflüchtete auszustatten.
Kindern und Jugendlichen ihr Recht auf Bildung und Normalität zu
gewährleisten. Wegen des Lehrermangels brauchen wir eine noch intensivere
Zusammenarbeit mit Lehramtsstudierenden und Studierenden von Deutsch als
Fremdsprache/Zweitsprache. Um eine Förderung in Muttersprache zu
gewährleisten, muss ukrainischen Lehrkräften unbürokratisch die
Beteiligung ermöglicht werden, etwa in den Willkommensklassen. Wir
brauchen zudem Fortbildungen der Lehrkräfte in der Traumapädagogik und
vertiefendes Unterrichtsmaterial zur Begleitung der aktuellen
Geschehnisse. Auch Kitas und die offene Kinder- und Jugendarbeit müssen
unterstützt werden, damit sie geflüchtete Kinder und Jugendliche
aufnehmen, betreuen und fördern können. Zur Einbindung ukrainischer
Erzieher*innen muss die einrichtungsbezogene Anerkennung beruflicher
Qualifikationen ausgesetzt werden. Die ggf. auch nur stundenweise Nutzung
und Anmietung von Räumlichkeiten von etwa Sportvereinen oder
Freizeitheimen für den Bedarf für Schulunterricht und Betreuung muss der
Freistaat durch unbürokratische finanzielle Unterstützung durch den
Freistaates ermöglichen.
ein verbindliches Gewaltschutzkonzept für Flüchtlingsunterkünfte in
Bayern, um insbesondere Frauen, Kinder und Menschen der LGBTIQ+ Community
den besonderen Schutz zu geben, den sie brauchen.
dass der Freistaat bei der Vermittlung offener Stellen auf dem
Arbeitsmarkt aktiv unterstützt, die nötige Anerkennung ukrainischer
Qualifikationen vorantreibt und die nötigen Angebote für die Aufnahme
einer Beschäftigung sicherstellt wie Nachqualifikationen, Spracherwerb und
Kinderbetreuung.
dass Drittstaatsangehörige, die aus der Ukraine fliehen mussten, eine
Perspektive für einen langfristigen Aufenthalt bei uns erhalten, wie etwa
durch die Möglichkeit für Studierende an bayerischen Hochschulen ihr
Studium zu beenden.
Bayern aus der Energie-Abhängigkeit lösen
In Bayern zeigen sich die Versäumnisse und Fehler in der Energiepolitik der
letzten Jahrzehnte auch ohne Krieg schon ihre fatale Wirkung: Der Ausbau der
Windenergie ist fast völlig zum Erliegen gekommen. Die Solarenergie bleibt weit
unter ihrem Potenzial. Regionale Wertschöpfung in Milliardenhöhe wäre längst
möglich, stattdessen gibt Bayern mehr für russisches Gas und Öl aus als jedes
andere Bundesland. Wir sind also nicht nur besonders abhängig, sondern füllen
Putins Kriegs- und Staatskasse auch mehr als andere. Mit dem Angriff auf die
Ukraine wird die sicherheitspolitische Notwendigkeit deutlich, der Schutz
unseres Klimas erfordert es ohnehin: Bayern muss sich so schnell wie möglich aus
der Abhängigkeit von fossilen Energien lösen. Damit leisten wir auch unseren
Beitrag für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.
Als Folge des Kriegs gegen die Ukraine ist eine massive fossile Inflation bei
Gas und Öl eingetreten. Bisher hat vor allem die Unsicherheit am Markt und nicht
die tatsächliche Knappheit die Preise nach oben getrieben. Wegen langfristiger
Verträge werden die Preissteigerungen insbesondere bei Gas erst mit Verzögerung
aufschlagen oder wenn ein neuer Vertrag abgeschlossen wird. Die hohen Preise
insbesondere an der Zapfsäule und am Gashahn stürzen viele Menschen in große
finanzielle Nöte und Energiearmut.
Die Sonne scheint und der Wind weht unabhängig davon, was Putin tut. Sonne und
Wind lassen sich nicht abdrehen, sie sind nicht endlich und sie sind kostenlos.
Die Voraussetzung dafür, dass Deutschland in Zukunft sicher ist, ist der Ausbau
der erneuerbaren Energien. Mit sauberem, heimischen Strom können wir Wärmepumpen
und Elektroautos dann günstig und klimaneutral betreiben und so Gas und Öl
ersetzen.
Die Geschwindigkeit beim Ausbau muss dafür stark erhöht werden: Statt Bremsen
wie der bayerischen 10H-Abstandsregel brauchen wir Turbos für den Ausbau der
Erneuerbaren Energien, wie sie die Bundesregierung jetzt anpackt. Kurzfristig
lassen sich aber nicht so viele Anlagen für günstigen Strom aus Sonne und Wind
planen und bauen, dass sich die Preise schon bis zum Herbst spürbar senken
lassen. Auch die Lieferzeiten von Elektroautos sind lang und das Handwerk kann
kurzfristig nur eine begrenzte Anzahl alter Heizungen durch effiziente
strombetriebene Wärmepumpen austauschen oder mit Solarthermie ergänzen. Wir
müssen der fossilen Inflation deshalb auch Einsparungen, mehr Effizienz und
staatliche Entlastungen entgegensetzen, bis die mittelfristigen Ausbau-Maßnahmen
wirken.
Wir GRÜNE Bayern begrüßen die umfangreichen Entlastungen durch die
Bundesregierung wie den Heizkostenzuschuss, die Senkung der Einkommenssteuer
insbesondere für geringe Einkommen und das 9€-Ticket für den Öffentlichen
Nahverkehr.
Wir GRÜNE Bayern fordern:
die installierte Kapazität von Photovoltaik und Windenergie in Bayern bis
2030 jeweils mindestens zu vervierfachen und die Planungs- und
Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen.
eine kostenlose Energiesparberatung und ein Heizungscheck in jedem Haus in
Bayern bis zum Jahresende.
ein neues Energie-Sozial-Programm mit einem Härtefall-Fonds für durch die
Energiepreise in existenzielle Notlage geratenen Privathaushalte und
Mittelstand und mit einem Wärme-Fonds für den Austausch der 100.000
klimaschädlichsten Heizungen in Bayern.
ein bayerisches Wärmegesetz mit klaren Zielen, Zeitplänen und Maßnahmen
wie eine kommunale Wärmeplanung, ein Sanierungsfahrplan für alle Gebäude
und eine staatliche Absicherung von Ausfallrisiken von Geothermie-
Projekten.
ein Sonderprogramm zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen und
Erwerbslosen für die Baubranche und Dachdeckereien, um die Sanierungsquote
zu erhöhen.
ein Förderprogramm für die Weiterbildung von Elektrofachkräften rund um
Photovoltaik-Anlagen, E-Ladesäulen, Wallboxen, Smart Home und
Batteriespeichern, um das Ausbautempo zu beschleunigen.
eine Förderung der Solarthermie für private Haushalte, um insbesondere
auch relativ neue Gasheizungen und Gasthermen mit verhältnismäßig wenig
Aufwand zu ergänzen und so insbesondere in den Sommermonaten kurzfristig
erhebliche Mengen Gas einzusparen, der Rückgriff auf Solarthermie
entlastet das derzeit von langen Wartezeiten geprägte Elektrohandwerk.
die Rahmenbedingungen zusammen mit Wärmenetzbetreiber*innen und den
regionalen Planungsverbänden so zu gestalten, dass Großwärmepumpen und
Solarthermie-Felder in Bayern schnell realisiert werden können..
ein Zukunfts-Pakt mit der bayerischen Industrie mit Prämien für
zielgerichtetes Lastmanagement, um Lastspitzen abzufedern, einem neuen
Geschäftsmodell durch Abwärmenutzung und der politischen Unterstützung bei
einer sicheren, demokratischen und klimafreundlichen Rohstoffbeschaffung.
ein auf drei Monate begrenztes temporäres Tempolimit von 130 km/h auf der
Autobahn und 80 km/h auf Landstraßen um die Spritnachfrage und die
Spritkosten zu senken
ein Gas-Einsparprogramm für alle öffentlichen Liegenschaften etwa mit
einer Reduzierung der Warmwasserbereitung auf das absolut notwendige
Minimum.
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