Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz |
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Antragsteller*in: | Doris Wagner (KV München) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.01.2019, 12:46 |
A6: Stell' Dir vor es gäbe Krieg und Keine/r geht hin! - Letale autonome Waffensysteme weltweit ächten
Antragstext
Die Entwicklung und der mögliche Einsatz von letalen autonomen Waffensystemen
(Lethal Autonomous Weapon Systems bzw. LAWS) sind eine reale Gefahr. Der
Terminator mag Science Fiction sein, bewaffnete Drohnen, die ihre Angriffsziele
selbständig identifizieren und attackieren könnten, sind es hingegen nicht.
Eine besondere Gefahr von LAWS liegt in der extrem hohen Geschwindigkeit, mit
der ein Algorithmus eine Entscheidung fällen kann. Das kann dazu führen, dass
menschliche Kontrolle als hinderlich empfunden und dass immer mehr Befehlsgewalt
abgegeben wird.
Dies ist nicht nur ethisch inakzeptabel, sondern birgt auch die Gefahr nicht
intendierter Eskalation (sogenannte flash wars) aufgrund unvorhersehbarer und
nicht nachvollziehbarer Interaktion verschiedener Algorithmen.
Seit Jahren kämpfen deshalb IT-Expert*innen, Völkerrechtler*innen und NGOs für
ein umfassendes Verbot von letalen autonomen Waffensystemen. Seit 2016
verhandeln Vertreter*innen von 89 Staatenim Rahmen der Vereinten Nationen über
die Ächtung von LAWS. Trotz anders lautender Lippenbekenntnisse setzt sich die
Bundesregierung bislang bei den Verhandlungen nicht für ein Verbot autonomer
letaler Waffensysteme ein.
Je weiter aber die technologische Entwicklung voranschreitet, desto schwieriger
wird es, sie mittels eines Verbotsvertrages einzugrenzen. Deshalb haben im Juni
2018 mehr als 4.500 Mitarbeiter*innen des Google-Mutterkonzerns „Alphabet“ mit
einer Petition Alarm geschlagen und ein sofortiges Ende der Entwicklung letaler
autonomer Waffen gefordert. Auch Tech-Pioniere wie Elon Musk warnen vor den
enormen Gefahren.
Rund ein Drittel der von Deutschland 2017 exportieren Waffen stammten aus
Bayern, gleichzeitig haben viele IT-Unternehmen ihren Sitz im Freistaat –
deshalb haben wir auch gerade in Bayern die Verantwortung, klar Nein zu sagen
zur Entwicklung letaler autonomer Waffen.
Forderungen
Die Landesversammlung fordert alle grünen Mandatsträger*innen in Bayern auf sich
auf ihren jeweiligen Ebenen für folgende Forderungen einzusetzen:
- Die Würde des Menschen ist unantastbar! Deshalb darf niemals eine
Maschine, ein Algorithmus eine Entscheidung über Leben und Tod fällen.
- Die Bundesregierung muss sich in Übereinstimmung mit ihrem
Koalitionsvertrag dafür einsetzen, dass weder im Rahmen der geplanten
Europäischen Verteidigungsunion noch unter dem Dach deutscher
Verteidigungsforschung Gelder für Forschung und Entwicklung von LAWS zur
Verfügung gestellt wird.
- Auch die bayerische Staatsregierung darf keinesfalls Gelder für die
Forschung und Entwicklung letaler autonomer Waffensysteme zur Verfügung
stellen.
- Wir fordern die Bundesregierung auf, unter Federführung des
Verteidigungsministeriums und unter Einbeziehung der Bundeswehr,
Leitlinien für die Nutzung autonomer Waffensysteme für die deutschen
Streitkräfte zu erarbeiten, die u.a. in aller Klarheit die Entscheidung
über Leben und Tod durch Algorithmen ausschließt.
- Abrüstungsverhandlungen:
- Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene dafür
einsetzen, einen Beschluss herbei zu führen, mit dem die
Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich im Rahmen der UN-
Abrüstungsverhandlungen (VN-Waffenübereinkommen Convention on
Certain Conventional Weapons - CCW)mit einer Stimme für ein Verbot
von Entwicklung, Produktion und Handel von LAWS und schließlich für
die Ächtung letaler autonomer Waffensysteme einsetzen. - Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, in Übereinstimmung
mit der UN-Resolution 1325, Frauen auf allen Ebenen und in allen
Gremien der Abrüstungsverhandlungen gleichberechtigt zu beteiligen. - Die Bundesregierung muss sich bei den Genfer Abrüstungsverhandlungen
2019 für konkretes Verhandlungsmandat der GGE (Group of Governmental
Experts) einsetzen. - Wenn es sich abzeichnet, dass es bei den CCW-Verhandlungen keine
Fortschritte gibt, soll die Bundesregierung die Möglichkeit einer
‘Coalition of the Willing’ für ein Verbots-Abkommen ausloten.
- Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene dafür
Begründung
Es verletzt die Würde des Menschen, die Entscheidung über Leben und Tod an einen Algorithmus zu delegieren. Deshalb streben wir ein Verbot der Entwicklung, der Produktion und des Einsatzes von letalen autonomen Waffensystemen an. Das sagen wir ganz bewusst auch als bayerische Grüne mit Blick auf die im Freistaat stark vertretene Rüstungs- und IT-Branche und auch mit Blick auf die von Ministerpräsident Markus Söder im Frühjahr angekündigte und im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern vereinbarte neue Fakultät für Luft- und Raumfahrt in Ottobrunn/Taufkirchen (in unmittelbarer Nachbarschaft zur Universität der Bundeswehr und zum Unternehmen Airbus Defense and Space).
Aufgrund der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklungen drängt die Zeit. Wenn die ‚Büchse der Pandora’ erst einmal geöffnet ist, lässt sie sich nicht mehr schließen.
Militärische Gewalt ist für uns grundsätzlich ‚ultima ratio’. Wir fordern, dass das internationale humanitäre Recht Anwendung findet und jegliche Waffe einer ‚sinnvollen menschlichen Kontrolle unterworfen ist. Im Rahmen der CCW-Verhandlungen (UN-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen) muss das Völkerrecht weiterentwickelt werden, so dass es auch LAWS umfasst und verbietet.
Nachdem Abrüstungsverhandlungen insgesamt völlig am Boden liegen und auch ein Verbot von LAWS im Rahmen der UN-Verhandlungen derzeit gänzlich unrealistisch ist, müssen andere Wege gefunden werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, Partnernationen für eine ‚Koalition der Willigen’ zu finden, die gemeinsam ein Verbot beschließen. Das ist ein starkes Signal und baut politischen Druck auf.
Unterstützer*innen
- Dieter Janecek (KV München)
- Beppo Brem (KV München)
- Henrike Hahn (KV München)
- Maria Feckl (KV Erding)
- Heidi Schiller (KV München)
- Wolfgang Kolb (KV Ebersberg)
- Burkhard Köppen (KV Traunstein)
- Andreas Baier (KV München)
- Jonathan Creed (KV München)
- Philipp Blumhardt (KV München)
- Peter Heilrath (KV München)
- Martin Pilgram (KV Gilching)
- Gudrun Lux (KV München)
- Jürgen Trepohl (KV München)
- Marese Hoffmann (KV Dachau)
- Alexander König (KV München)
- Barbara Epple (KV München)
- Ulrike Sengmüller (KV München)
- Gerti Kustermann (KV Ostallgäu)
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