Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | |
Antragsteller*in: | Timm Schulze (KV Bamberg-Stadt) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.01.2024, 21:45 |
I2: Für ein menschenwürdiges Bürger:innengeld
Antragstext
Um Menschen die Teilnahme am Arbeitsleben zu ermöglichen, setzen wir GRÜNE
Bayern auf Förderung, Weiterbildung und eigenständige Neuorientierung zur
langfristigen Integration in den Arbeitsmarkt. Eigene Erwerbsarbeit muss sich
immer lohnen und honoriert werden. Das erreichen wir durch Anreize und gute
Löhne.
Die Koppelung von Leistungen an das Annehmen von Jobangeboten widerspricht
hingegen der Idee des Bürger:innengelds mit seinem Prinzip des Förderns.
Sanktionen führen wie auch schon im Hartz IV-System nicht zu weniger Armut.
Kürzungen unter das sozio-kulturelle Existenzminimum widersprechen der
Menschenwürde und den sozialpolitischen Grundsätzen und Beschlüssen von Bündnis
90/Die Grünen.
Die Einigung zum Bürger:innengeld war ein schwer erstrittener Kompromiss in
Bundestag und Bundesrat. Als GRÜNE konnten wir dabei nicht alle unserer
ursprünglichen Forderungen durchsetzen. Dennoch bleibt es ein wichtiger Schritt
in die richtige Richtung.
Wir GRÜNE Bayern stehen zum Bürger:innengeld und streiten weiterhin für die
Verbesserung von Leistungen, für Weiterbildung und für Respekt statt
Stigmatisierung. Ein Zurückfallen hinter die Einigung zum Bürger:innengeld aus
dem Jahr 2023 wäre ein politischer und moralischer Fehler.
Daher fordern wir GRÜNE Bayern die Grünen Mandatsträger:innen und die
Bundespartei dazu auf, dem aktuellen Gesetzentwurf aus dem Bundeskabinett und
vergleichbaren Einigungen nicht zuzustimmen.
Begründung
Bundestagswahlprogramm 2021, Kapitel 3, S. 111:
"Jeder Mensch hat das Recht auf soziale Teilhabe, auf ein würdevolles Leben ohne Existenzangst. Deswegen wollen wir Hartz IV überwinden und ersetzen es durch eine Garantiesicherung. Sie schützt vor Armut und garantiert ohne Sanktionen das soziokulturelle Existenzminimum. Sie stärkt so Menschen in Zeiten des Wandels und kann angesichts großer Veränderungen der Arbeitswelt Sicherheit geben und Chancen und Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben eröffnen. Die grüne Garantiesicherung ist eine Grundsicherung, die nicht stigmatisiert und die einfach und auf Augenhöhe gewährt wird."
Grundsatzprogramm 2020, Kaiptel 6, S. 88:
"(321) Jeder Mensch hat das Recht auf soziale Teilhabe, auf ein würdevolles Leben ohne Existenzangst. Deswegen überwinden wir Hartz IV und ersetzen es durch eine Garantiesicherung. Sie schützt vor Armut und garantiert ohne Sanktionen das soziokulturelle Existenzminimum. So macht sie Menschen in Zeiten des Wandels stark und eröffnet Chancen und Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben."
Hartz IV war ein Fehler. Menschen wurden stigmatisiert, die Leistungen waren zu gering und wurden bis unter das Existenzminimum gekürzt. Die Kürzungen bis hin zur Einstellung von Mietzahlungen erschwert bis heute die Wohnraumsuche von Bürgergeldempfänger:innen. Die Jobvermittlung setzte darauf schnell in Arbeit zu vermitteln, statt Weiterbildung zu fördern und langfristige Chancen zu geben. Menschen wurden in Helfer:innenjobs und Maßnahmen vermittelt, die nicht ihren Qualifikationen und Interessen entsprachen, anstatt sie langfristig zu fördern und sie bei der Ausbildung zu dringend benötigten Fachkräften zu unterstützen. Damit wurde in erster Linie ein Niedriglohnsektor geschaffen, der die Betroffenen zwar aus der Arbeitslosenstatistik holte, jedoch nicht aus der Armut. Die Abhängigkeit vom Jobcenter blieb oft langfristig bestehen, sei es durch Aufstocken der Einkünfte oder durch nur kurzfristige Arbeitsverhältnisse.
Diesen Fehler haben wir GRÜNE erkannt und deshalb im Jahr 2023 endlich mit dem Bürger:innengeld einen Paradigmenwechsel auf den Weg gebracht. Wir wollen Menschen bei der langfristigen Integration in den Arbeitsmarkt fördern und unterstützen. Dafür sollen Menschen ohne Arbeit die Möglichkeit haben, sich neu zu orientieren, zu qualifizieren und bei Vermittlungshindernissen unterstützt zu werden. Mit dem Bürger:innengeld machten wir klar: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie hängt nicht von Arbeit ab. Unter das Existenzminimum darf unter keinen Umständen gekürzt werden.
Die Einigung zum Bürger:innengeld war ein schwer erstrittener Kompromiss in Bundestag und Bundesrat. Als GRÜNE konnten wir dabei nicht alle unserer ursprünglichen Forderungen durchsetzen. Dennoch bleibt es ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Diesen dürfen wir nicht zurückgehen.
Der Gesetzesentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen der Haushaltseinigung, den das Bundeskabinett Anfang Januar 2024 beschloss, geht an die Kernprinzipien des Bürger:innengelds. Durch den Zwang, unter Drohung der Kürzung des gesamten Bürger:innengeld einen Job anzunehmen, sind die gewünschte langfristige Neuorientierung und Qualifizierung nicht mehr möglich. Die Entscheidung, was ein passendes Jobangebot darstellt, liegt nicht bei den Betroffenen, sondern in der Hand der Behörden. Dies bedeutet einen Rückfall in alte Hartz IV-Verhältnisse. Den Menschen wird dadurch nicht Respekt sondern Misstrauen entgegengebracht. Die möglichen Kürzungen haben mit einem würdevollen Leben oder auch nur dem Existenzminimum nichts zu tun. Das Bürger:innengeld ist aber genau das: das Minimum. Ohne dieses werden Menschen etwa in Prostitution und Illegalität getrieben. Armut und Krankheit bedingen sich gegenseitig und je prekärer, desto größer die Probleme für Individuum und Gesellschaft.
"Dach über dem Kopf, aber kein Geld für Essen" kann keine akzeptierte Realität in unserem Sozialsystems sein. Das darf neimals unser grüner Anspruch sein.
Mit knapp 46 Millionen Menschen waren noch nie so viele Menschen wie aktuell in Deutschland erwerbstätig. Ein erheblicher Anteil der Empfänger:innen des Bürger:innengelds ist entweder in Arbeit oder nicht erwerbsfähig (mehr als 2 von 5,5 Mio.). Die Forderung von verschärften Sanktionen sind daher eine Scheindebatte. Wir stellen uns gegen eine derartige Stimmungsmache zu Lasten derer, die in relativer Armut leben müssen. Das Narrativ der faulen Arbeitslosen, der nur unter Androhung der Wegnahme des Existenzminimums ernsthaft nach einer Erwerbsarbeit suchen, beschreibt nicht die Realität.
Eine Zustimmung zu einem Gesetz, das auch nur vergleichbar mit dem öffentlich kommunizierten Beschluss des Bundeskabinetts ist, würde ein menschenunwürdiges System zementieren. Der Vorschlag ist unsozial und betreibt wieder einmal eine Diskursverschiebung nach rechts.
Wir dürfen dabei nicht mitgehen und wir dürfen den Fehler Hartz IV nicht wiederholen!
Unterstützer*innen
- Sarah Eisenberger (KV Bamberg-Land)
- Susanne Bauer (KV Bayreuth-Land)
- Anna Friedrich (KV Bamberg-Stadt)
- Anne Schmitt (KV Bamberg-Land)
- Friederike Scholl (KV Bamberg-Stadt)
- Marie-Christine Scholz (KV Regensburg-Stadt)
- Sandra Smolka (KV Freising)
- Johannes Rückerl (KV Regensburg-Stadt)
- Burkard Wiesmann (KV Regensburg-Stadt)
- Madeleine Schneider (KV Tirschenreuth)
- Niko Scholz (KV Bamberg-Stadt)
- Helena Lakemann (KV Coburg-Stadt)
- Bernd Leuthäusser (KV Coburg-Stadt)
- Dagmar Keis-Lechner (KV Kulmbach)
- Monir Shajedi (KV Regensburg-Stadt)
- Andrea Hecking (BV KPV Bayern)
- Konstantin Behling (KV Bamberg-Stadt)
- Elias Leikeb (KV Bamberg-Stadt)
- Michaela Reimann (KV Bamberg-Stadt)
- Eva Günthner (KV Bamberg-Land)
- Bernd Leuthäusser (KV Coburg-Stadt)
- Leonie Philine Pfadenhauer (KV Bamberg-Stadt)
- Miranouk Schleier (KV Bamberg-Stadt)
- Aila Maria Cäcilia Banach (KV Bayreuth-Stadt)
- Jonas Langlotz (KV Bamberg-Stadt)
- Peter Weinmann (KV Bamberg-Land)
- Regina Hammerl (KV Regensburg-Land)
- Lena Voit (KV Bamberg-Stadt)
- Michael Dietz (KV Bamberg-Stadt)
- Susanne Herrmann (KV München)
- Carla Ober (KV Erlangen-Stadt)
- Heike Manz (KV Bamberg-Stadt)
- Katharina Stahl (KV Bamberg-Stadt)
- Oliver Groth (KV Regensburg-Stadt)
- Helene Sigloch (KV Regensburg-Stadt)
- Zeliha Durmus (BV Grüne Jugend)
- Christoph Lurz (KV Bamberg-Stadt)
- Inge Pütz-Nobis (KV Forchheim)
- Mirjam Novak (KV Forchheim)
Kommentare
Peter Weinmann:
WolMar6: