Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Anträge |
Antragsteller*in: | Claudia Roth, MdB (KV Augsburg-Stadt) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.09.2019, 11:27 |
A33: Geflüchteten den Zugang zu Ausbildung und Arbeit ermöglichen
Antragstext
Geflüchteten den Zugang zu Ausbildung und Arbeit ermöglichen
Es gibt nicht einen triftigen Grund, Menschen im Asylverfahren oder in der
Duldung die Möglichkeit zur Arbeit zu verweigern. Ganz im Gegenteil:
Beschäftigung schafft Struktur, ermöglicht mehr Selbstbestimmung, erleichtert
soziale Vernetzung und Spracherwerb – und steigert zudem die finanzielle
Unabhängigkeit von staatlichen Leistungen. Viele klein- und mittelständische
Betriebe in Bayern suchen händeringend nach Auszubildenden und
Mitarbeiter*innen. Nicht zuletzt durch ein starkes Engagement der
Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern herrscht große
Bereitschaft aufseiten der Betriebe und Unternehmen, Geflüchtete in Ausbildung
zu bringen oder zu beschäftigen.
Dennoch gibt es Beschäftigungsverbote für Geflüchtete; die Erteilung von
Arbeits- und Ausbildungserlaubnissen gleicht einem Lotteriespiel. Die Politik
der Bayerischen Staatsregierung verunsichert dabei die Betriebe und Unternehmen,
verhindert zunehmend eine erfolgsversprechende Integration in den Arbeitsmarkt
und grenzt – insbesondere durch ihre Weisungen zur Bundesgesetzgebung – die
ohnehin einschränkende Rechtslage weiter ein. Das wollen wir ändern. Wir Grüne
fordern einen einfacheren Weg in Arbeit und Ausbildung – und damit zugleich
Sicherheit für die Betriebe.
Arbeitsverbote beenden
Bislang liegt die Erteilung von Arbeitserlaubnissen für Asylbewerber*innen und
Geduldete im Ermessen der Ausländerbehörden. Die berufen sich wiederum auf
Weisungen des bayrischen Innenministeriums, in denen die Bundesgesetzgebung
präzisiert werden soll. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sind die Weisungen
in Bayern einerseits besonders restriktiv. Andererseits bleiben große
Ermessensspielräume, die nicht zuletzt gegen die einzelne Person verwendet
werden können.
Im Ergebnis entstehen unnötige Härte und massive Diskrepanzen zwischen den
Behörden, von denen die Ermessensspielräume unterschiedlich interpretiert
werden. Viele Entscheidungen sind kaum nachvollziehbar – und alle sind letztlich
maßgeblich abhängig davon, welche Behörde zuständig ist und ob eine stabile, gut
informierte Struktur an Helfenden unterstützt. Das eigentlich Ausschlaggebende,
wie nämlich der Einzelfall gelagert ist, rückt da allzu häufig in den
Hintergrund.
Für Betroffene, aber auch für Unterstützer*innen und Ausbildungsbetriebe führt
dieser Zustand zu extremen Unsicherheiten, zu emotionaler und psychischer
Belastung sowie zu maßgeblichen Hürden in der Lebensplanung der Betroffenen. Das
muss ein Ende haben.
Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass bereits während des Asylverfahrens der
Zugang zu Arbeit deutlich vereinfacht wird. Grundsätzliche Arbeitsverbote müssen
ein Ende haben. Das gilt auch für Praktika. Praktika spielen beim Einstieg ins
Berufsleben eine wichtige Rolle. Bislang müssen Praktika von Asylbewerber*innen
und Geduldeten von den Ausländerbehörden genehmigt werden. Dies erschwert den
Zugang zu Praktikumsplätzen, stellt für Betriebe eine weitere Hürde dar und
schafft unnötigen bürokratischen Aufwand. Wir wollen die Genehmigungspflicht für
Praktika aufheben und so den Zugang zu Praktika deutlich erleichtern.
Echten Spurwechsel ermöglichen
Für Menschen in Duldung ist der Weg in Ausbildung und Arbeit in Bayern meist
versperrt. Alle bisherigen Ankündigungen, hier einen Spurwechsel zu ermöglichen,
blieben ergebnislos – auch deshalb, weil die bayerischen Kriterien für eine
sogenannte Beschäftigungsduldung nahezu nicht zu erreichen sind. Wir wollen
unabhängig von der Bleiberechtsperspektive eine Möglichkeit zur Ausbildung oder
Arbeit eröffnen. Unter anderem fordern wir daher, dass bei der Vergabe von
Ausbildungsduldungen fortan nur Kriterien angewendet werden, die für die
Ausbildung tatsächlich relevant sind, insbesondere die Zusage des Betriebs.
Die Identitätsklärung muss in einem Zug-um-Zug-Verfahren möglich sein: Wer aus
einem Land wie Afghanistan kommt, dem wird es allenfalls mittelfristig möglich
sein, einen Pass zu erhalten. In diesen Fällen muss es möglich sein, auch dann
eine Ausbildung zu beginnen, wenn noch nicht alle nötigen Papiere vorliegen –
zugleich aber beispielsweise nachvollziehbar ist, dass bereits andere
entsprechende Schritte eingeleitet wurden. Auch Verzögerungen bei der
Überprüfung vorhandener Identitätspapiere durch BAMF oder LfAR dürfen nicht zu
Lasten der Geflüchteten gehen.
Stattdessen werden Geflüchtete immer wieder auch dann abgeschoben, wenn sich
abzeichnet, dass alle Kriterien für eine Ausbildungsduldung bald erreicht sind.
Für die Betriebe entsteht dadurch ein enormer Unsicherheitsfaktor – von den
Betroffenen ganz zu schweigen. Wir fordern, Abschiebungen einstweilen
aufzuschieben, wenn sich im Einzelfall eine Ausbildung abzeichnet – auch dann,
wenn noch nicht alle Schritte hin zur Ausbildungsduldung abgeschlossen sind.
Alles andere ist reinste Schikane, für die Geflüchteten ebenso wie für die
bayerische Wirtschaft.
Zugang zu Bildung ermöglichen
Die Aussicht auf ein gutes Leben beginnt mit dem Spracherwerb. Wir wollen den
Zugang zu Sprachkursen deutlich ausweiten, das Angebot entsprechend ausbauen und
die Teilnahme von Herkunftsland oder Bleibeperspektive entkoppeln.
Zugleich wollen wir Kindern von Geflüchteten den Zugang zu Bildung ermöglichen,
vollumfänglich und – mit entsprechender Unterstützung – im Rahmen des regulären
Schulsystems. Das eingeschränkte Bildungsangebot in bayerischen
Sammelunterkünften untergräbt zahlreiche Bestimmungen der UN-
Kinderrechtskonvention und gehört abgeschafft. Die faktische, nicht selten
jahrelange Isolierung in bayerischen Sammelunterkünften lehnen wir prinzipiell
und entschieden ab.
Keine Abschiebungen nach Afghanistan
Abschiebungen nach Afghanistan wollen wir beenden. Afghanistan ist eines mit
Sicherheit nicht: sicher. In fast allen Landesteilen kam es in jüngster
Vergangenheit zu Kämpfen, Anschlägen oder Gewalttaten. Die Taliban sind erneut
auf dem Vormarsch. Weiterhin wütet in Afghanistan einer der gewaltsamsten und
tödlichsten Konflikte weltweit. Auch die Erzählung „sicherer Regionen“ bzw.
„sicherer Fluchtalternativen“ innerhalb des Landes wird regelmäßig von den
tatsächlichen Entwicklungen vor Ort widerlegt.
Gerade auch Rückkehrende sind gefährdet. Oft haben sie weder Verankerung noch
ein soziales Netz, das sie auffängt. Hinzu kommt, dass regelmäßig auch besonders
gut integrierte Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden – allen voran aus
Bayern.
Aus all diesen Gründen fordern wir auch weiterhin einen sofortigen
Abschiebestopp nach Afghanistan.
Ausbildungs- und Arbeitsvisa ohne Ausreise ermöglichen
Bislang besteht keine Möglichkeit, ein Ausbildungs- oder Arbeitsvisum ohne
Ausreise in das Herkunftsland und Beantragung bei der dortigen deutschen
Botschaft zu erhalten – auch dann nicht, wenn ansonsten alle Voraussetzungen
einer entsprechenden Duldung erfüllt sind. Das ist schlichtweg absurd, zudem
kostenintensiv und oftmals mit erheblichen Gefahren verbunden. Im Falle von
Afghanistan ist es geradezu unmöglich, da die dortige Botschaft infolge eines
Anschlags nach eigenen Angaben längerfristig nicht in der Lage sein wird,
Visaanträge entgegenzunehmen oder gar zu bearbeiten. Wir Grüne wollen deshalb
die Möglichkeit schaffen, dass Ausbildungs- und Arbeitsvisa auch in Deutschland
beantragt werden können – im Sinne der Betroffenen, der Botschaften vor Ort und
der interessierten Betriebe.
Unterstützer*innen
- Cemal Bozoğlu (KV Augsburg-Stadt)
- Eva Lettenbauer (KV Donau-Ries)
- Stephanie Schuhknecht (KV Augsburg-Stadt)
- Thomas Gehring (KV Oberallgäu)
- Max Deisenhofer (KV Günzburg)
- Martina Wild (KV Augsburg-Stadt)
- Christine Kamm (KV Augsburg-Stadt)
- Dr. Stefan Wagner (KV Augsburg-Stadt)
- Horst Thieme (KV Augsburg-Stadt)
- Assad Wardak (KV Unterallgäu)
- Jörg Westerhoff (KV Augsburg-Stadt)
- Heidi Terpoorten (KV Dillingen)
- Melanie Hippke (KV Augsburg-Stadt)
- Peter Rauscher (KV Augsburg-Stadt)
- Dr. Pia Haertinger (KV Augsburg-Stadt)
- Antje Seubert (KV Augsburg-Stadt)
- Deniz Anan (KV Augsburg-Stadt)
- Eva Leipprand (KV Augsburg-Stadt)
- Franziska Wörz (KV Augsburg-Stadt)
- Frédéric Zucco (KV Augsburg-Stadt)
- Wolfgang Urban (KV Augsburg-Stadt)
- Silvia Daßler (KV Augsburg-Land)
- Sabrina Koch (KV Augsburg-Stadt)
- Markus Schnitzler (KV Augsburg-Stadt)
- Heidi Rohrlack (KV Augsburg-Stadt)
- Sylvia Schaab (KV Augsburg-Stadt)
- Gülseren Karaca (KV Augsburg-Stadt)
- Franziska Büchl (KV München-Stadt)
- Matthias Lorentzen (KV Augsburg-Stadt)