Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Anträge |
Antragsteller*in: | Gerhard Schmid (KV Bamberg-Land) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.09.2019, 09:05 |
A26: Hinweisgeber*innen besser schützen
Antragstext
Parteien leben von dem in sie gesetzte Vertrauen und damit von ihrer
Glaubwürdigkeit.
Einen sehr sensiblen Bereich stellt in diesem Zusammenhang die
Parteienfinanzierung dar, und damit verbunden der grundsätzliche Umgang mit den
Partei-Finanzen. Unregelmäßigkeiten führen zu starkem öffentlichen Interesse und
zu Vertrauensverlusten bei Wähler*innen und Mitgliedern.
Wir sind deshalb als Bündnis 90/Die Grünen Bayern im Rahmen des
Wachstumsprozesses und der Professionalisierung gut beraten Strukturen zu
schaffen, die es unseren Mitgliedern und Mitarbeiter*innen ermöglicht
Verdachtsmomente von finanziellen Unregelmäßigkeiten einfach und schnell zu
melden.
Eine Partei mit ihren Freiwilligen-Strukturen ist darauf angewiesen, dass ihre
Mitglieder rechtzeitig Ungereimtheiten erkennen und diese auch melden. Wir sind
den Hinweisgeber*innen, aber auch den beschuldigten Personen verpflichtet, dass
mit diesen Fragestellungen diskret, neutral und gewissenhaft umgegangen wird.
Bündnis 90/Die Grünen ist hierbei in einer Fürsorgepflicht gegenüber ihren
Mitgliedern und Mitarbeiter*innen, einen adäquaten Aufklärungs-Prozess
bereitzustellen.
Verdachtsmomente
Für die Hinweisgeber*innen selbst stellt eine Verdachtsäußerung eine nicht zu
unterschätzende Belastung dar: Zum einen hinterfragt man sich selbst, ob die
gemachten Beobachtungen wirklich den Tatsachen entsprechen. Zum anderen
verdächtigt man gegenüber Dritten einen Menschen, mit dem man vertrauensvoll
zusammenarbeiten wollte und der zumeist ein Parteiamt bekleidet.
Darüber hinaus wird durch die Formulierung von Anschuldigungen die/der
Hinweisgeber*in selbst zum Objekt von Fragestellungen. Die/der Hinweisgeber*in
muss damit rechnen, dass ihre/seine eigene Integrität hinterfragt wird.
Hinweisgeber*innen sind somit besonderen Belastungen ausgesetzt, insbesondere,
wenn die Zusammenarbeit mit der verdächtigten Person im weiteren Verlauf der
Untersuchungen fortgesetzt werden muss.
Es ist für alle involvierten Personen daher äußerst bedeutsam, dass sensibel mit
dem Untersuchungsgegenstand und den beteiligten Personen umgegangen wird, bis
der Sachverhalt aufgeklärt ist.
Fürsorgepflicht
Da solche Verdachtsmomente die absolute Ausnahme- und nicht der Regelfall sind,
wissen Kassierer*innen, Rechnungsprüfer*innen aber auch Vorstände nicht, wie
diese Verdachtsmomente bestmöglich aufgeklärt und gesteuert werden können. Es
gibt meist kein historisches Wissen, wie man damit verantwortungsvoll umgehen
kann.
Somit kann erheblicher Schaden für einzelne Personen aber auch für die Partei
entstehen. Dem sollten wir als Bündnis 90/Die Grünen durch wirksame Maßnahmen
entgegenwirken.
Aufklärungsinteresse
Da es sich um Verdachtsmomente handelt, die zunächst einmal genauer untersucht
und validiert werden müssen, ist es ein Drahtseilakt die notwendige Transparenz
gegenüber den betroffenen Partei-Gliederungen aber auch gegebenenfalls gegenüber
der Öffentlichkeit walten zu lassen.
Um in diesem Umfeld ein entsprechendes Vertrauen in den Aufklärungswillen einer
Partei entgegen bringen zu können, ist es für Hinweisgeber*innen von besonderer
Wichtigkeit, dass durch entsprechende Strukturen sichergestellt ist, dass dem
Verdachtsmoment unverzüglich, ohne ansehen der Person, politischen Interessen
und verfügbaren Kapazitäten in der Landesgeschäftsstelle, gewissenhaft
nachgegangen wird.
Dauerhafte Strukturen schaffen – Ombudsstelle Finanzen
Die Grüne Bundestagsfraktion macht sich für die Ausweitung des Whistleblower-
Schutzes in unserer Gesellschaft stark. Machen wir uns auf, Hinweisgeber*innen
in unserer Partei ebenfalls die notwendige Unterstützung in dieser für sie
schwierigen Situation zukommen zu lassen. Gewähren wir ihnen, wie bereits den
Menschen, die selbst Opfer von sexuellen Belästigungen geworden sind und jenen,
die dies bei anderen beobachtet haben, eine der Situation angemessene spezielle
Unterstützung.
Grüne Mitglieder und Mitarbeiter*innen brauchen eine Anlaufstelle außerhalb der
Partei, an die sie gegebenenfalls beobachtete Unstimmigkeiten im Finanzgebaren
melden können. Es braucht eine Ombudsstelle-Finanzen.
Zusammensetzung und Berufung der Ombudsstelle-Finanzen:
- Die Ombudsstelle-Finanzen soll aus einer/einem Wirtschaftsprüfer*in und
einer/einem Jurist*in (quotiert nach Geschlecht) bestehen, welche nicht
Parteimitglieder sind.
- Die Ombudspersonen werden für jeweils zwei Jahre vom Landesausschuss
beauftragt. Eine Zusammenarbeit bei der Einrichtung einer Ombudsstelle-
Finanzen mit anderen Landesverbänden und/oder dem Bundesverband ist
möglich.
Aufgaben der Ombudsstelle Finanzen:
- Aufklärung
- Die Ombudsstelle nimmt Hinweise zu Finanz-Unregelmäßigkeiten von
Parteimitgliedern und Mitarbeiter*innen entgegen. So soll ein Raum
geschaffen werden, in dem Parteimitglieder und Mitarbeiter*innen
geschützt persönliche, strukturelle oder institutionelle
Schwachstellen im Umgang mit Parteifinanzen ansprechen können. - Sie untersucht die Verdachtsmomente unmittelbar und selbständig.
Hierzu sind Parteimitglieder und Gremien gegenüber der Ombudsstelle
auskunftspflichtig. - Sie unterrichtet den betroffenen Personenkreis und die betroffenen
Gremien regelmäßig über den Untersuchungsgegenstand und -
fortschritt. - Hinweisgeber*innen und betroffene Gremien (Vorstandsmitglieder o.ä.)
erhalten einen vollumfänglichen schriftlichen Abschlussbericht zum
Untersuchungsgegenstand. Der Abschlussbericht informiert über
Ergebnisse und getroffene Maßnahmen. - Straftaten werden von der Ombudsstelle angezeigt.
- Die Ombudsstelle nimmt Hinweise zu Finanz-Unregelmäßigkeiten von
- Unterstützung von Hinweisgeber*innen und Zeugen:
- Hinweisgeber*innen und Zeug*innen werden im Fall von notwendigen
Aussagen gegenüber Behörden - zum Beispiel Polizeibeamten oder vor
Gericht - durch die Ombudsstelle unterstützt. - Darüber hinaus sollte die Stelle Coaches zur Begleitung der
betroffenen Personen während der Untersuchung benennen können.
- Hinweisgeber*innen und Zeug*innen werden im Fall von notwendigen
- Erarbeitung von Empfehlungen zur Prophylaxe
- Die Ombudsstelle-Finanzen erfasst die Verdachtsfälle und
unterrichtet den Landesvorstand und Finanzausschuss regelmäßig sowie
vertraulich über Verdachtsfälle und bringt Vorschläge zur Vermeidung
ein. - Basierend auf den Berichten erarbeiten Landesfinanzausschuss und
Landesvorstand wirksame Gegenstrategien in den Parteistrukturen.
- Die Ombudsstelle-Finanzen erfasst die Verdachtsfälle und
Bekanntmachung der Ombudsstelle:
Damit die Ombudsstelle-Finanzen ihre volle Wirkung entfalten kann, ist es
zwingend notwendig für einen entsprechenden Bekanntheitsgrad bei den Mitgliedern
und für einen niedrigschwelligen Zugang zu sorgen. Hierfür werden folgende
Maßnahmen ergriffen:
- Eine eigene Rufnummer und eine eigene Email-Adresse sind die Schnittstelle
zwischen Hinweisgeber*in und der Ombudsstelle-Finanzen.
- Ihre Bekanntmachung erfolgt durch entsprechende Hinweise auf Briefpapier,
parteiinternen Publikationen sowie auf der Homepage und im Newsletter.
- Verankerung der Ombudsstelle-Finanzen in der Landessatzung.
Nicht zuletzt verbleibt bei der Partei die Aufgabe, nach der Aufklärung von
Verdachtsmomenten zu unrecht beschuldigte Personen bestmöglich zu
rehabilitieren.
Wir machen uns auf den Weg, um unsere Strukturen zu verbessern und durch
verschiedene Maßnahmen dauerhaft Hinweisgeber*innen zu schützen und zu
unterstützen. Wir setzen die entsprechenden Maßnahmen ab Bechluss innerhalb von
12 Monaten um. Eine Validierung der Maßnahmen erfolgt spätestens nach 5 Jahren.
Unterstützer*innen
- Susanne Bauer (KV Bayreuth-Land)
- Manuela Rottmann (KV Bad-Kissingen)
- Barbara Poneleit (KV Forchheim)
- Martin Heilig (KV Würzburg)
- Philipp Brammer (KV Hof)
- Sebastian Auer (KV Hof)
- Maria Kalin (KV Passau-Stadt)
- Luca Rosenheimer (KV Bamberg-Stadt)
- Peter Herold (KV Hof)
- Elisabeth Scharfenberg (KV Hof)
- Melanie Hippke (KV Augsburg)
- Andrey Novak (KV Forchheim)
- Benni Adjei (KV München-Stadt)
- Christian Sauter (KV Erlangen-Stadt)