| Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 2022 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | TOP 4 Anträge |
| Antragsteller*in: | Gabriele Bayer (KV Neumarkt) |
| Status: | Zurückgezogen (unsichtbar) |
| Angelegt: | 21.08.2022, 13:38 |
Seelische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen in Bayern verbessern
Antragstext
Die mentale Gesundheit ist ein essentieller Teil der Gesundheit insgesamt und
fordert verstärkte Investitionen in übergreifende Maßnahmen in allen Bereichen
der Gesellschaft – nicht nur im Gesundheitsbereich.
UNICEF 2021
Bereits vor der Corona Pandemie war die Prävalenz psychischer Störungen bei
Kindern und Jugendlichen sehr hoch. Jedes 5. Kind war vor der Pandemie von einer
psychischen Belastung betroffen. Während der Pandemie hat sich die Situation
deutlich verschlechtert.
Mittlerweile ist jedes 3. Kind von einer psychischen Störung / Belastung
betroffen. (COPSY-Studie, Welle 2 (2021)
Im Vergleich zu anderen Erkrankungen ist die Prävalenz Psychischer Erkrankungen
am höchsten.
Psychische Belastung der Gesamtbevölkerung
- Die WHO prognostiziert weltweit eine 50 %ige Steigerung der
Inanspruchnahme von Hilfen bis 2020.
- World Health Summit, Berlin 2011: „Weltweite Epidemie“
Depression und Angststörungen, Schizophrenie, Demenz, Alkohol
- Morbidität steigend
- 70 % aller Erwachsenen mit psychischen Störungen hatten schon in Kindheit
und Jugend psychische Auffälligkeiten / Störungen
- Nur 17-50 % der behandlungsbedürftigen Minderjährigen erhalten Terapie,
davon nur jeder 2. in einer adäquaten Form. (Wittchen 2000, KIGGS 2006)
- KIGGS-Basiserhebung (Bella Studie, RKI-Survey 2007):
- 22 % aller Minderjährigen haben psychische Auffälligkeiten
- 18 % haben eine schwerwiegende Symptomatik
- 6 % sind behandlungsbedürftig psychisch krank
Eine Auswahl an psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter
- Schlafstörungen 40 %
- Selbstverletzendes Verhalten 14 -25 %
- Angststörungen 16 – 23 %
- Depressive Störungen 14 – 25 %
- Ausscheidungsstörungen 16 %
- Übergewicht 15 %
- Rauschtrinken, Konsum illeg. Substanzen 3 – 7 %
Rückgang von Alkoholmissbrauch um 30 %
- Bindungsstörungen 3 – 5 %
- ADHS (KIGGS) 3 – 9 %
- Somatoforme Störungen 2,7 %
- Esstörungen, Schizophrenie 1 %
Depressionen zählen epidemiologisch zu den häufigsten psychischen Störungen und
werden nach Prognosen der WHO bis zum Jahr 2020 die zweithäufigste
Volkskrankheit werden. Sie zu übersehen ist ein Kunstfehler. (Schulte-Markworth
2009)
Deutschland gehört zu den Ländern mit höchsten Pravalenzrate nicht-suizidal
selbstverletzenden Verhaltens (NSSV) in Europa
Suizide sind die zweithäufigste Todesursache bei Kinder und Jugendlichen in
Deutschland.
Psychosoziale Pävalenz in Bayern
- Alleinerziehenden Haushalte: 17,1 % der Familien (2014)
- Armutsgefährdungsquote (20214):
- je 6 % zwei Erwachsene und ein bzw. zwei Kinder
- 16 % zwei Erwachsene und zwei bzw. mehr Kinder
- 33 % Alleinerziehende mit Kind(ern)
CAVE
Inobhutnahmen von Kindern in Bayern infolge psychischer Störung eines
(alleinerziehenden) Elternteils :
geschätzt ca 400 p.a. in Bayern (Dr. Rexroth, Sprecher Kinder und
Jugendpsychiater)
Die Covid 19 Pandemie hat die Situation noch massiv verstärkt:
Auswirkungen der Covid Pandemie
- Überlastung der Home-Schooling und Home-Office
- Bildungsnähe vs. -distanz; Förderbedürftige fallen zurück
- Stressniveau steigt, in Familien, Partnerschaft, Beruf
- Pschische Überlastungssymptome bei KJ und Eltern
- Verlusterleben: Familienangehörige, Arbeitsplatz,….
- Trennung, häusliche Gewalt
- Kinder als Opfer von Missbrauch aus dem Internet
- Risikogruppen: Einelternfamilien und Familien mit Migrationshintergrund
- Schutzfaktor und gesellschaftliche „Wächterfunktion“:
KIGA / Schule / Ärzte: Erkennen und folgerichtiges Reagieren auf
psychische Belastungen entfällt.
- Verschärfung von Armut, psychischer oder Suchterkrankung
- Zunahme von Vernachlässigung, verbaler / psychischer / digitaler ! Gewalt
oder auch von Misshandlungen
(Dr. Chr. Rexroth, Regensburg)
Studien
Corona-Kinder-Studie: Dramatischer Anstieg bei Suizidversuchen
Parental experiences of homeschooling during the COVID-19 pandemie
COPS-Studie, Welle 2 (2021)
Literatur
Padagogik (Hg. 2021): Corona in der Seele; Was Kindern wirklich hilft
Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie (Hg. 2021): Kinderanalyse
Kinder- und Jugendpsychiatrie (2022): Blickwechsel auf das Kinderwohl
Kinder- und Jugendreport der DAK 2021
Versorgungsdaten in Bayern (Expertenkreis Bayern)
(BLÄK, BVKJ, KJPP, KVB, PTK, 10/2021)
- Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz im Schnitt 4 – 5 Monate
- Die Versorgung in den ländlichen Gebieten ist schlechter
- Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind ausgelastet
- Wartezeiten für elektive (nicht notfallbedingte) Aufnahmen
- Viele Notfällte, Krisen schneller und intensiver
- Belastungen besonders hoch für Kinder, Jugendliche und Familien mit
Risikopotential
- Besondere Engpässe in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit
komplexen psychischen Erkrankungen
- Vereinbarung KVB mit den bayerischen Krankenkassen:
zusätzliche Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen zeitlich
befristet in die ambulante Versorgung einzubeziehen
Expert:innenrat der Bundesregierung zu COVID-19
7, Stellungnahme zur Notwendigkeit einer prioritären Berücksichtigung des
Kindeswohls in der Pandemie (17. 02. 2022)
…. Besonders schwerwiegend ist allerdings die sekundäre Krankheitslast durch
psychische und physische Erkrankungen der Kinder und Jugendlichen, ausgelöst
u.a. durch Lockdown-Maßnahmen, Belastungen in der Familie wie Angst, Krankheit,
Tod oder Existenzverlust, Verlust an sozialer Teilhabe und Planungsunsicherheit.
Besonders betroffen davon sind Kinder aus sozial benachteiligten Familien….
Maßnahmen sind schnell nötig
- Kinderschutzrechte ins Grundgesetz
- Kinder- und Jugendschutzgesetz
Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen
- Besserer Kinder- und Jugendschutz
- Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder
Einrichtungen
der Erziehungshilfe aufwachsen.
- Hilfen aus einer Hand für Kinder- und Jugendliche mit und ohne Behinderung
- Mehr Prävention vor Ort
- Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien
Ableitung von Zielen für die Verbesserung der Versorgung von Kindern und
Jugendlichen mit psychischen Belastungen und ihren Familien
- Netzwerk im familienorientierten Netzwerk
- Verbesserung der Schnittstellen innerhalb der Medizin (Eltern-Kind-
Transition)
- Verbesserung der Schnittstellen zwischen Medizin und Kinder- und
Jugendhilfe / Behindertenhilf:
- Koordinierter Kinderschutz in Kliniken (Gynäkologie, Psychiatrie)
- Zertifikat „Familienfreundliche Klinik“ (StMGP?)
- Nachwuchsgewinnung
- Psychosomatische Grundversorgung:
- Spezifische Fortbildungen für Haus- und Kinderärzte und Ärzte andeer
Fachgebiete, die regelmäßig in die Versorgung von Kindern, Jugendlichen
und ihren Familien einbezogen sind.
- Regional hohe Wartezeiten deutlich verringern
Ziele der Gesetzgebung
- Krisendienste i. S. des BayPsychKHG auch für Kidner- und Jugendliche
- Klärung des Anspruchs von Minderjährigen
- Qualifizierung der Teams ( KJ)
- Betreuungsrecht (Kinder von Sorgeberechtigten, die unter gesetzlicher
Betreuung stehen)
- Ressortübergreifende Normenkontrolle für Belange von KJ in Bayern
(Kinderkommission im Landtag)
- Kinderrechte ins Grundgesetz
Ressortübergreifender Marshallplan
Im Zentrum steht die Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege,
das Staatsministerium für Arbeit und Soziales und
das Staatsministerium für Unterricht und Kultus
müssen gemeinsam diesen Marshallplan erarbeiten.
Begründung
Die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat in Bayern, schon vor der Corona Pandemie, aber ganz besondern während der Pandemie signifikant abgenommen. Mehrere Studien belegen dies eindrucksvoll. Es ist dringend Handlungsbedarf geboten. Die gesundheitliche Chancengleichheit in Bayern vor allem in Bezug auf die seelische Gesundheit für Kinder und Jugendliche weist im Stadt- Landgefälle große Unterschiede auf.
Kinder und Jugendliche mit unbehandelten Problemen der seelsichen Gesundheit weisen ein hohes Risiko auf, auch als Erwachsene an seelischen Erkrankungen zu leiden.
Unterstützer*innen
- Stefan Christoph (KV Regensburg-Stadt)
- Ferdinand Mann (KV Neumarkt)
- Stefan Haas (KV Neumarkt)
- Anton Speierl (KV Dachau)
- Gerhard Müller (KV Würzburg-Land)
- Annemarie Probst (KV Augsburg-Land)
Kommentare
Bärbel Imhof:
Bezirksrätin von Unterfranken.
Annemarie Probst: