Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz |
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Antragsteller*in: | Landesvorstand und Ludwig Hartmann MdL (KV München) (dort beschlossen am: 04.01.2019) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.01.2019, 11:02 |
A2: Der Wahrheit in die Augen schauen: Der Klimawandel verlangt radikales Umsteuern.
Titel
Antragstext
Es ist an der Zeit zu Handeln. Zum Schutz unseres Planeten müssen wir radikal
umdenken und entschlossen vorangehen. Die technologisch führenden Länder haben
eine große Verantwortung bei der Bewältigung der Herausforderung der
Erdüberhitzung. Bayern muss seinen Beitrag leisten, damit die heute bewohnten
Erdteile bewohnbar bleiben und unsere Kinder und Enkelkinder ein unbeschwertes
Leben führen können.
Die Staatengemeinschaft hat sich auf der jüngsten Klimakonferenz Ende 2018 in
Katowice ein Regelwerk zur Überprüfung der Fortschritte beim Klimaschutz
gegeben. Das ist ein wichtiger Erfolg, der aber auch verdeutlicht, dass es die
Mitgliedsstaaten sind, die jetzt konkret aktiv werden müssen.
Wir wollen uns dieser Herausforderung für Bayern stellen.
Klimaschutz – ein Muss, kein Vielleicht
Die Folgen der Erdüberhitzung werden immer drastischer sichtbar und am eigenen
Leib spürbar. Von der Dürre auf den Feldern Frankens, der Hitze in Bayerns
Metropolen, dem Abschmelzen der Alpengletscher, bis hin zu Waldbränden,
Wirbelstürmen und Überflutungen weltweit. Die Klimakrise hat unterschiedliche
Auswirkungen in den verschiedenen Regionen der Erde und die Verletzlichkeit der
Länder hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie reich sie sind. Wir als reiche
Industrienation stehen ganz besonders in der Pflicht, eine Vorreiterrolle im
globalen Klimaschutz einzunehmen. Deutschland und damit auch Bayern darf
klimapolitisch nicht länger auf der Bremse stehen und gleichzeitig ungehindert
einen Lebensstil auf Kosten der benachteiligten Weltbevölkerung führen.
Radikale Ziele
Die Bayerische Staatsregierung will zwar wenige Akzente setzen, aber neben dem
Verfassungsrang für den Klimaschutz braucht es angesichts der Realität der
Erdüberhitzung ein bayerisches Klimaschutzgesetz mit ehrgeizigen Zielen. Wir
GRÜNE fordern daher Ziele, die im Einklang stehen mit den Berechnungen des
Weltklimarats IPCC, damit wir den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad
abbremsen können. Dafür sind folgende verbindliche Zielsetzungen in ein
bayerisches Klimaschutzgesetz aufzunehmen:
- Die Gesamtsumme der in Bayern verursachten Treibhausgasemissionen soll von
2019 an maximal eine Milliarde Tonnen CO2-Äquivalente betragen.
- Die Treibhausgasemissionen sollen im Jahr 2030 durchschnittlich unter drei
Tonnen pro Kopf betragen.
- Ab 2050 ist Bayern klimaneutral.
Klimaschutz – ein Gewinn
Die gute Nachricht: Wir können noch umsteuern, wenn wir jetzt aktiv werden.
Technologisch ist die Umsetzung der Wende in den Bereichen Strom, Wärme und
Kälte, Verkehr und Landwirtschaft gelöst. Bei kluger Ausrichtung profitieren
alle Menschen von einer regionalen Energiewende, von gut gedämmten und
erneuerbar beheizten Gebäuden, von klimafreundlichen Mobilitätskonzepten und
einer naturverträglichen Landwirtschaft. Weltweit wird eine Umstellung der
Produktionsprozesse hin zu klimaneutraler Produktion einsetzen. Deutschland und
Bayern können bei diesem Prozess technologisch eine Führungsrolle einnehmen, die
heimische Wirtschaft nachhaltig stärken und gleichzeitig durch einen
Technologietransfer in andere Länder eine Erreichung der Klimaziele
sicherstellen.
Was wir brauchen, ist eine Aufbruchstimmung, das Lösen von alten Technologien
und eine umfassende Bereitschaft von Regierungen, Unternehmen und jedem
einzelnen Menschen, am globalen Klimaschutz teilzunehmen.
Klimaschutz und Gerechtigkeit
Der Klimawandel ist „ungerecht“ – er trifft die Armen stärker als die Reichen.
Das gilt sowohl im globalen Maßstab, aber auch im eigenen Land. Gute
Klimaschutzpolitik muss gerecht sein und hat bestehende Ungerechtigkeiten
auszugleichen.
Eine Klimaschutzpolitik, die international den reichen Ländern weiter eine
Zerstörung der globalen Lebensgrundlagen ermöglicht, aber die Menschen in den
stark betroffenen Ländern alleine lässt, würde noch mehr Menschen in ausweglose
Situationen und in die Flucht treiben. Aber sie ist nicht nur ungerecht, sondern
würde eine Erreichung der globalen Klimaschutzziele auch unmöglich machen. So
ergeben die Berechnungen des IPCC, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5
Grad im Vergleich zu 2 Grad die Anzahl der Menschen, die sowohl klimabedingten
Risiken ausgesetzt als auch armutsgefährdet sind, bis zum Jahr 2050 um mehrere
hundert Millionen senken würde.
Eine entsprechende Gerechtigkeitsfrage stellt sich auch im eigenen Land.
Klimaschutz braucht eine soziale Balance. Klimaschonendes Verhalten darf keine
Frage des individuellen Einkommens sein: Weder dürfen sozial schwache Menschen
aufgrund ihrer Armut zu klimaschonenden Verhalten „gezwungen“ werden, noch darf
Reichtum klimaschädliches Verhalten legitimieren. Klimaschutz braucht
nachvollziehbare und wirksame Instrumente, die den Alltag aller Menschen
klimafreundlicher gestalten.
CO2 einen Preis geben
Die nötige Umstellung unserer Verhaltensweisen und der Produktionsprozesse ist
vielfältig. Marktwirtschaftlich ist diese Umstellung auf eine klimafreundliche
Wirtschaftsweise und Konsumverhalten durch entsprechende Preissignale zu
fördern. Alle Erfolge im Klimaschutzbereich wurden bisher fast ausschließlich im
Bereich der Stromerzeugung erreicht durch die Einführung des EEG und die
Etablierung der erneuerbaren Energien. Rund die Hälfte der CO2-Emissionen wird
jedoch in anderen Bereichen, wie Wärme, Verkehr und Landwirtschaft verursacht.
Fossile Treib- und Brennstoffe müssen entsprechend ihrem jeweils spezifischen
CO2-Ausstoß den wahren Preis kosten, der die Umweltschäden vollumfänglich
berücksichtigt.
Da Steuern und Abgaben auf Verbrauch immer ärmere Haushalte stärker belasten als
reichere, wollen wir die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Besteuerung an die
Verbraucher*innen zurückgeben. Unser Ziel ist die Schaffung eines Energiegeldes
als Pro-Kopf-Zahlung an die Menschen. Solange dies nicht europäisch umsetzbar
ist, werden wir uns auf nationaler Ebene dafür einsetzen. Im ersten Schritt soll
ein CO2-Preis von 40 € pro Tonne CO2 eingeführt und die entsprechenden Einnahmen
pro Kopf zurückgezahlt werden.
Wir wollen Energiearmut bekämpfen, indem Sozialtarife geschaffen werden,
betroffene Haushalte eine kostenfreie und unabhängige Energieberatungen erhalten
und die eigene Energieerzeugung und -einsparung gefördert wird.
Klimaschutz und Lebensstil
Starke marktwirtschaftliche Instrumente sind wichtig und können viel dazu
beitragen, um die Entwicklung umzusteuern. Sie alleine werden aber nicht
ausreichen. Denn bereits ein kleiner Teil der Erdbevölkerung ist in der Lage,
mit ihrem auf Reichtum basierenden Lebensstil die Lebensgrundlagen für alle
Menschen zu zerstören. Daher brauchen wir auch deutliche ordnungsrechtliche
Regelungen und Einschränkungen, um exzessive und nicht mehr ökologisch
verträgliche Lebensstile zu beenden und allen Menschen Chancen für ein gesundes
und gesichertes Leben zu geben.
Wir wissen alle, dass wir in den Industrienationen erheblich dazu beitragen
unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Wir wollen alles daran setzen, um sowohl
durch veränderte Rahmenbedingungen, als auch durch neue Technologien unseren
Alltag nachhaltiger zu machen.
Gleichwohl erkennen wir auch, dass dies alleine nicht genügen wird: auch
erneuerbare Energien ermöglichen keine grenzenlose Mobilität, auch ökologischer
Landbau ermöglicht keinen grenzenlosen Fleischkonsum, auch nachwachsende
Rohstoffe und geschlossene Stoffkreisläufe ermöglichen keinen grenzenlosen
Konsum. Wir brauchen eine Debatte über eine nachhaltige Lebensweise, die in
zweierlei Hinsicht sozial sein muss: Reichtum darf nicht zu zerstörerischem
Lebensstil führen, ein nachhaltiger Lebensstil darf nicht die Armut verschärfen.
Wir sind überzeugt, dass es dabei nicht reicht, auf freiwillige Maßnahmen zu
setzen, wie die bayerische Staatsregierung dies tut. Sie garantieren weder die
Gerechtigkeit für die nachfolgenden Generationen noch den dringend notwendigen
internationalen Ausgleich.
Werden wir radikal und realistisch
Die Zeit drängt, dies wird von Jahr zu Jahr offensichtlicher. Und doch fällt es
offensichtlich schwer, die Konsequenzen zu ziehen. Und auch ein Fingerzeig auf
andere, die zu wenig tun, trägt nur wenig zur Lösung bei, solange wir nicht
selber entschiedene und vielleicht auch schmerzhafte Schritte gehen.
Wir brauchen radikale und realistische Maßnahmen. Radikal in dem Sinne, dass
tatsächlich die Ursachen der Erdüberhitzung angegangen werden und realistisch in
dem Sinne, dass auch die Realität in fünfzig oder hundert Jahren in den Blick
genommen wird. Wer dies jetzt immer noch nicht tut, macht sich schuldig an
dieser und zukünftigen Generationen.
Deshalb brauchen wir:
- Verfassungsrang für den Klimaschutz
- Verankerung der Energieversorgung durch Erneuerbare Energien in der
Verfassung
- Ein bayerisches Klimaschutzgesetz mit den genannten verbindlichen Zielen
- Klare und verbindliche Ziele und Maßnahmen in den Sektoren Wärme, Verkehr,
Landwirtschaft und Strom
- Beratungsangebote und effektive Förderprogramme in vielfältiger Form
(Umweltbildung, Energieagenturen...)
- Eine Bepreisung von CO2, welche eine Belohnung klimafreundlichen
Verhaltens sicherstellt.
Begründung
Mündlich
Änderungsanträge
- Ä1 (Lisa Badum MdB (KV Forchheim), Eingereicht)
- Ä2 (Lisa Badum MdB (KV Forchheim), Eingereicht)
- Ä3 (Lisa Badum MdB (KV Forchheim), Eingereicht)
- Ä4 (Lisa Badum MdB (KV Forchheim), Eingereicht)
- Ä5 (Lisa Badum MdB (KV Forchheim), Eingereicht)
- Ä6 (Paul Heger (KV München), Eingereicht)
- Ä7 (Paul Heger (KV München), Eingereicht)
- Ä8 (Paul Heger (KV München), Eingereicht)
- Ä9 (Paul Heger (KV München), Eingereicht)
- Ä10 (Paul Heger (KV München), Eingereicht)
- Ä11 (LAG Europa, Frieden & Internationales (dort beschlossen am: 23.01.2019), Eingereicht)
- Ä12 (Hermann Josef Brem (KV München), Eingereicht)
- Ä13 (Hermann Josef Brem (KV München), Eingereicht)
- Ä14 (Hermann Josef Brem (KV München), Eingereicht)
Kommentare