Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Anträge |
Antragsteller*in: | Lisa Badum (KV Forchheim) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.04.2018, 11:39 |
A2: Saubere Luft für Alle - Bayerns Automobilindustrie zukunftsfest und klimafreundlich machen
Antragstext
Verkehrsminister Scheuer muss Automobilindustrie zur Rechenschaft ziehen
Wir fordern Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auf, endlich die Autokonzerne
zu einer Hardware-Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge zu verpflichten – ganz
nach dem Prinzip der herstellerfinanzierten Lösung. Statt Durchhalteparolen
auszugeben „es gäbe keinen Grund zur Panik“, sollte er konkrete Maßnahmen
ergreifen. Der Schritt in die ökologische Verkehrswende ist dringender denn je.
Entsprechende Gerichtsurteile liegen längst vor. So hat das Landgericht Hamburg
bereits in einem Fall entschieden, dass VW einem Fahrzeughalter ein neues
Fahrzeug zur Verfügung stellen muss. Auch sollte Herr Scheuer sich bundesweit
für die Einführung einer Blauen Plakette einsetzen, um den Kommunen die
Regelungslast abzunehmen und einen bürokratischen Flickenteppich zu vermeiden.
Verkehr in Bayern für Menschen denken
Dabei allein darf es jedoch nicht bleiben. Wir fordern außerdem, dass Verkehr
endlich ganzheitlich gedacht wird. Das Statistische Bundesamt teilte am 3. April
2018 mit, dass der Motorisierungsgrad in Deutschland 2016 einen neuen
Höchststand von 555 Pkw je 1000 Einwohner*innen erreichte. So kann es nicht
weitergehen.
Darum fordern wir Grüne einen Ausbau und die Elektrifizierung des ÖPNVs,
Investitionen in intelligente Verkehrs- und Ladestrukturen und die Stärkung der
nachhaltigen Mobilität – Fortbewegung muss vielfältig möglich sein und darf
nicht einseitig und gestrig auf das Auto beschränkt sein.
Wir fordern von der Staatsregierung
- Eine Mobilitätsgarantie für Bayern sicherzustellen. Alle Orte im Land
sollen an allen Wochentagen von fünf Uhr morgens bis Mitternacht
mindestens stündlich angebunden sein.
- Busse im Nahverkehrsbetrieb sollen schnellstmöglich auf emissionsfreie
Antriebe umgestellt werden – hier sind Bund und Freistaat gefordert, mit
den Kommunen einen ambitionierten Zeitplan zu erarbeiten und ein
Förderprogramm “Emissionsfreier Nahverkehr” aufzulegen.
- die Elektrifizierung von wichtigen Bahnstrecken. Wir fordern daher eine
Elektrifizierungsoffensive von Bund und Land, um nicht nur Hauptstrecken,
sondern auch Nebenstrecken zu elektrifizieren. Bei der Vergabe von
Regionalverkehrsstrecken, die auch in Zukunft nicht elektrifiziert werden
können soll die Frage der Emissionsfreiheit von Antrieben berücksichtigt
werden.
- den Ausbau der Fahrradinfrastruktur und die Beendigung der massiven
finanziellen Benachteiligung des Radverkehrs gegenüber dem Autoverkehr.
- ein beispielhaft gutes Vorangehen von Bundesregierung, bayerischer
Staatsregierung und ihrer Behörden. Diese sollen bei ihren Fuhrpark bis
2022 sukzessive auf emissionsfreie Antriebe umstellen und parallel für
Mobilität der Mitarbeiter*innen wie in Baden-Württemberg einen Zuschuss
zum ÖPNV Jobticket gewähren sowie das Dienstrad Leasing ermöglichen (E-
Bikes und konventionelle Fahrräder)
Wir fordern die Staatsregierung auf, sich auf Bundes- und europäischer Ebene
einzusetzen für
- die schrittweise Reduktion der CO2-Grenzwerte für PKWs, mit dem Ziel, dass
2030 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden.
- die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen wie das Dienstwagen- und
Dieselprivileg
- die aufkommensneutrale Umwandlung der Kfz-Steuer in eine CO2-abhängige
Kfz-Zulassungssteuer nach norwegischem bzw. niederländischem Vorbild.
Begründung
Bankrotterklärung für den Automobilstandort Bayern
Bayern, einst stolzer Automobilstandort, steht vor den Trümmern einer verantwortungslosen Branchenpolitik. Die Staatsanwaltschaft München hat BMW Ende März wegen des Anfangsverdachtes einer unzulässigen Software zum Abschalten der Diesel-Abgasreinigung ins Visier genommen. Standorte in München und Österreich sind von Polizeibeamt*innen durchsucht worden. Die Strafverfolger*innen erklärten: Es bestehe der Anfangsverdacht, dass BMW "eine prüfstandsbezogene Abschalteinrichtung verwendet" habe. Seit dem 27. Februar läuft ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Betrugsverdachtes.
Gegen Audi ermittelt die Staatsanwaltschaft ohnehin schon länger. Auch im Ingolstädter Autokonzern geht es um einen Abgasbetrugsverdacht im großen Stil. Die Vorfälle zeigen: Bayern spielt längst eine eigene, ungute Rolle im bundesweiten Abgasskandal.
Freistaat Bayern verstößt gegen Recht und Gesetz
Der Freistaat Bayern schaut tatenlos beim Dieselskandal zu und verschläft das Zukunftsthema Verkehr komplett. Schlimmer noch: Er verstößt gegen Recht und Gesetz. In einigen bayerischen Städten liegt die Luftbelastung, insbesondere durch Stickstoffdioxid (NO2) über den zugelassenen Grenzwerten innerhalb der EU. Tagtäglich betroffen sind etwa Nürnberg, Würzburg, Augsburg und Regensburg. Besonders stark ist die Belastung in der Landeshauptstadt München. Doch die Luftverschmutzung macht nicht in bayerischen Großstädten halt. Die Deutsche Umwelthilfe hat eine eigene Messaktion an 559 verkehrsnahen Orten vom 1. Februar bis 1. März 2018 durchgeführt. Das Ergebnis war, dass auch kleinere Städte stark belastet seien. Etwa Aschaffenburg, wo eine mittlere Belastung von mehr als 40 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen wurde.
Zwangsgelder oder Erzwingungshaft
Der Freistaat ist aufgrund der Überschreitung der EU-Grenzwerte von der Verwaltungsgerichtsbarkeit schon am 09.10.2012 zum Erlass wirksamer Luftreinhaltungspläne verpflichtet worden. Geschehen ist seitdem nichts. Selbst die Androhung von Zwangsgeldern auf Kosten der bayerischen Bürger*innen wurde ignoriert. Zuletzt hatte die ehemalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks während einer Regierungsbefragung vom 28. Februar 2018 noch die „Erzwingungshaft“ als letztes Mittel ins Spiel gebracht. Ein einmaliger Vorgang zwischen Koalitionspartnern und erschreckendes Armutszeugnis für das Staatsversagen der bayerischen Landesregierung. Das dürfen und wollen wir Grünen nicht so hinnehmen. Darum fordern wir, dass Bayern seiner politischen Verantwortung nachkommt und der Missachtung staatlicher Gerichtsbarkeit ein Ende gesetzt wird.
Wir fordern, dass endlich die Gesundheit der Menschen an vorderster Stelle steht. Sie muss Maxime allen politischen Handelns sein. Die vorzeitigen Todesfälle durch Stickoxide sind ein Skandal – auch weil sie vermeidbar sind. Wir fordern auch, dass nicht die/der einzelne Dieselfahrer*in bestraft wird, die in gutem Treu und Glauben einen Wagen erworben hat. Wir fordern, dass Verkehr endlich vernetzt, klimaschonend und intelligent gedacht wird. Außerdem ist die Infrastruktur Teil der Daseinsvorsorge, die allen, und gerade auch Menschen mit geringem Einkommen, zur Verfügung stehen muss.
Unterstützer*innen
- Markus Ganserer (KV Nürnberg)
- Uwe Kekeritz (KV Neustadt-Aisch)
- Erhard Grundl (KV Straubing)
- Peter Gack (KV Bamberg)
- Patrick Friedl (KV Würzburg)
- Barbara Poneleit (KV Forchheim)
- Christian Zwanziger (KV Erlangen-Stadt)
- Joachim Wondrak (KV Bamberg)
Änderungsanträge
- A2-002 (LAG Verkehr-Planen-Bauen (dort beschlossen am: 14.04.2018), Eingereicht)
- A2-006 (LAG Verkehr-Planen-Bauen (dort beschlossen am: 14.04.2018), Eingereicht)
- A2-030 (Jens Backert (KV Lichtenfels), Eingereicht)
- A2-044 (Jens Backert (KV Lichtenfels), Eingereicht)
- A2-047 (Alexander Merkouris (KV Ingolstadt), Eingereicht)
- A2-047-2 (KV Deggendorf (dort beschlossen am: 19.04.2018), Eingereicht)
Kommentare
Hanna Schmitz:
nur ein kurzer Hinweis zu Zeile 29 "Emissionsfreier Nahverkehr". Auch bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (z.B. Elektrobus) entstehen Emissionen. Und zwar v.a. durch Reifenabrieb und Bremsabrieb. "Emissionsarm" oder "Abgasfrei" wäre hier für mich die wünschenswertere Formulierung.
Allerdings habe ich keine Ahnung, ob ich für die Anmerkung hier richtig bin...
Gruß Hanna